Interview mit Anke Doberauer über die Verwendung von Tagesleuchtfarben in ihrem künstlerischen Werk

Projekt/Anlassartemak+X / Erhebung von Informationen zur Verwendung und zum Erhalt von Tagesleuchtfarben im Werk von Anke Doberauer
Interview mit          Anke Doberauer (AD)
Geführt von       Sarah Giering (SG)
OrtInterview per Videokonferenz
Datum08.08.2022
TranskriptLilian Megerlin (Transkription)
 Sarah Giering (Korrektur, Ergänzungen, sprachliche Überarbeitung)
 Anke Doberauer (sprachliche Überarbeitung)
  
Symbole(…)= Pause ab 3 Sek.
 (Text)= Beschreibung Mimik und Gestik
 [Text]= Ergänzung durch Sarah Giering
 //= Überschneidung von Sprecher:innen
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Techniken

acrylic painting fluorescent painting lithography oil painting painting priming

Materialien

acrylic paint cadmium orange cadmium yellow canvas dammar daylight fluorescent paint daylight fluorescent pigment gesso linseed oil linseed oil varnish lithographic ink oil painting paper titanium white turpentine UV protection varnish

SG: Vielen Dank, Frau Doberauer, dass Sie bereit sind, heute mit mir dieses Interview zu führen. Im Rahmen meines Promotionsprojektes untersuche ich die künstlerische Verwendung und das Alterungsverhalten von Tagesleuchtfarben. Auch Sie arbeiten mit diesen besonderen Pigmenten. Daher möchte ich mich heute auf die Verwendung der Tagesleuchtfarben in Ihrem künstlerischen Werk konzentrieren. Wie sind Sie zu der Verwendung dieser Farben gekommen?  #00:00:23-6#

AD: Das erste Mal nutzte ich sie 1990. Das war ein internationales Theaterfestival, das an der Braunschweiger Kunsthochschule stattfand, an der ich damals noch studierte. Ich hatte Lust, dort mitzuwirken und für die Theateraufführung, die in unserem Eingangsbereich stattfand, eine Art Bühnenbild zu machen. Die Idee des Regisseurs war es gewesen, alles in UV-Licht zu tauchen und mit dem letzten Paukenschlag das normale Licht angehen zu lassen – und der ganze Spuk sollte verschwunden sein. Da habe ich mir überlegt, Bilder zu malen, die tatsächlich nur bei UV-Licht sichtbar sind und wenn das normale Licht angeschaltet wird, ist da nichts mehr – nur weiße Leinwände. Ich habe mir dann 1990 eine UV-Lampe und weiße Tagesleuchtfarbe gekauft. Das war eine fertige Acrylfarbe, denn damals waren die Pigmente noch nicht einzeln zu bekommen. Ich malte dann die Bilder mit weißer Acrylfarbe, die dann im Dunkeln unter UV-Licht schwarz wirkte. Und mit der weißen Tagesleuchtfarbe. Das war ziemlich anstrengend für die Augen.  #00:01:49-4#

SG: Das war also das erste Werk, in dem Sie auch die Tagesleuchtfarben eingesetzt haben? #00:01:56-7#

AD: Genau. Das war sehr spannend, denn sie wirkten immateriell, da sie nur bei diesem UV-Licht zu sehen waren. Sie wirkten fast wie eine Projektion. Es war ein viel größeres Spektrum zwischen Hell und Schwarz. Eine rembrandtsche Tiefe. Viel extremer, als es mit traditionellen Pigmenten erreichbar ist. Unglaublich, wie so ein Weiß dann dort herausknallte. Allerdings waren die Zwischentöne fast nicht zu treffen. Das war sehr haarig. Entweder wurde es sofort schwärzlich – von der normalen weißen Farbe – oder es knallte viel zu hell heraus. Zwischentönen zu erhalten war sehr schwierig, aber ich habe es irgendwie hinbekommen. Das ist die Arbeit Ahnen von1990.  #00:03:04-3#

SG: Anschließend haben Sie die Farben aber auch für andere Werke immer wieder eingesetzt? #00:03:09-3#

AD: Anschließend habe ich ein paar weniger gelungene Bilder dieser Serie noch einmal überstrichen und neu gemalt. Ich habe daraus eine für mich gültige künstlerische Arbeit gemacht, die in den 90er Jahren mehrfach ausgestellt wurde. Dann habe ich diese Farben viele Jahrzehnte lang nicht mehr benutzt. Ich habe erst wieder damit angefangen, als ich schon in München war und dort gleich um die Ecke bei Georg Kremer [Kremer Pigmente GmbH & Co. KG] diese Pigmente kaufen konnte. Ich habe angefangen, sie in kleinen Mengen den Farben beizumischen, um sie ein wenig leuchtender zu machen, besonders die Gelb-, Orange- und Rottöne. (...) 2005 habe ich ein großes Bild gemalt mit dem Titel Juan, ein Männerbild. Dort habe ich das ganze Bild mit Kadmiumorange als Imprimitur vorgrundiert. Für den Hintergrund habe ich dann orange Tagesleuchtfarbe und Kadmiumorange zu einem Orangeton gemischt. Der Farbton war nicht ganz diese Leuchtfarbe, sondern irgendwo dazwischen. Das Bild ist sofort verkauft worden und ich habe es dann nie wieder im Original gesehen. Es war auf der Messe Basel ausgestellt und weg.  #00:04:44-2#

SG: Haben Sie die Farben auch bei anderen Werken aus der Männerbild-Reihe verwendet oder nur bei diesem?  #00:04:47-2#

AD: Bei allen drei Bildern, die 2005, 2006 und 2007 entstanden sind. Es gibt noch ein anderes namens Chris von 2004. Da habe ich es, glaube ich, noch nicht verwendet. Ich hätte es aber tun sollen, denn da wäre es gut gewesen, aber die Idee kam mir wohl erst später. Wie gesagt, bei Juan, und dann bei dem letzten Bild der Reihe, Bastien. Dort habe ich einen Rosaton verwendet, der ziemlich leuchtet. Ich habe das Leuchtpigment dafür allerdings mit Titanweiß gemischt. Georg Kremer hat mir Jahre später gesagt, dass das maltechnisch ungünstig sei. Das wusste ich damals aber noch nicht. (...) Von diesen drei Männermotiven habe ich später Lithographien gemacht und bei diesen ebenfalls Leuchtpigmente verwendet. (…) Vielleicht hatte ich sie aber bei dem ersten Bild, Chris, doch verwendet - ich weiß es nicht mehr. Ich bin mir nicht mehr sicher. Dieses Bild Chris ist ebenfalls seit Jahrzehnten weg. Es wurde sofort nach Amerika verkauft, nach Los Angeles. Ich weiß nicht mehr genau wie das Bild aussah. Ich habe dann, wie gesagt, drei Lithografien gemacht und dort die Tagesleuchtfarben ebenfalls verwendet. Diese Lithos habe ich mit meinem ehemaligen Professorenkollegen an der Akademie Karl Imhof gemacht, der sich inzwischen zur Ruhe gesetzt hat, aber damals ab und zu mit mir noch solche Experimente gemacht hat. Das war auch für ihn das erste Mal, dass er Tagesleuchtfarbe in einer Lithografie verwendet hat. Ich bin in seiner langen Laufbahn die Einzige gewesen, die das je gemacht hat. Er bewahrt seine Drucke natürlich in Schubladen auf, aber er hat festgestellt, dass die Leuchtkraft dieser Lithographien, trotzdem sie dort vor Licht geschützt waren, bereits etwas abgenommen hat – besonders die von Bastien, wo das Rosa mit Titanweiß gemischt war. Leider. #00:06:52-5#

SG: Also haben Sie diese Farben nicht nur für die Malereien verwendet, sondern auch für die Lithografien.  #00:06:57-2#

AD: In dem Fall ja. Das war das einzige Mal. Danach habe ich sie bei Lithografien nicht mehr benutzt. Es ist nämlich sehr schwierig, diese Farbe anzuteigen. Sie schluckt unendlich viel Öl. Wir haben sie immer mit traditionellen Lithografie-Farben gemischt, damit es überhaupt funktioniert hat. Dass sie ganz normal getrocknet ist war ein kleines Wunder. Karl Imhof hat die Farben angemischt und ich habe die Töne kontrolliert, bis der Farbton genau gestimmt hat, so wie ich ihn wollte. Dass das überhaupt geklappt hat, war wirklich erstaunlich. Aber es blieb das einzige Mal.  #00:07:32-7#

SG: Und die Lithografie-Farben hatten welches Bindemittel?  #00:07:38-5#

AD: Lithografie-Farben sind ja fertig zu kaufen und auf Leinölbasis. Wir mussten einfach wahnsinnig viel Leinöl oder Leinölfirnis reinmischen. Ich weiß es nicht mehr so genau. Wahrscheinlich Leinölfirnis, damit die Farben überhaupt zu verarbeiten waren. Sie lassen sich nicht auf herkömmliche Art mit Wasser oder Spiritus anteigen, das gibt sofort felsbrockenartige Klumpen. Meine ersten teuren Pigmente habe ich versaut, indem ich versucht habe, sie ganz traditionell anzureiben. Das ging überhaupt nicht. Seitdem verrühre ich sie lediglich mit dem Spachtel und viel Öl.  #00:08:18-2#

SG: Auch in dem Interview mit Maike Grün hatten Sie ja davon berichtet, dass Sie die Farben selbst in Öl anreiben, auch für die Malereien.  #00:08:27-1#

AD: Diese Farben, ja. Die gibt es ja nicht als Ölfarbe.  #00:08:30-3#

SG: Wie genau machen Sie das dann bei den Ölfarben, die Sie für die Malereien herstellen? #00:08:36-8#

AD: Nur ganz kleine Mengen. Ohne spezielles Besteck. Einfach mit dem Palettmesser auf einer Glasscheibe ein wenig vermischen und zwar sehr flüssig, denn sobald sie zu pastos sind, werden sie unheimlich schnell trocken. Dann werden sie zäh und hart. Also wirklich fast flüssig und mit unglaublich viel Öl. Danach fülle ich sie in kleine Schraubdeckelgläschen, aber da halten sie sich leider auch nicht sehr lange.  #00:09:10-6#

SG: Ist es dann also ein reines Pigment-Öl-Gemisch mit nur einem Pigment? #00:09:14-9#

AD: Ja, für ihre Zubereitung und auch sonst mische ich sie auf der Palette. Aber bei dem Bild DieBadenden habe ich eine Lasurtechnik mit grau-weißer Untermalung verwendet. Da hatte ich zwischenzeitlich schon mit Georg Kremer gesprochen. Deswegen habe ich dort die Farben nur noch lasierend aufgetragen, also gar nicht mehr mit Weiß gemischt. Einfach aus dem Grund. Für die bessere Lichtechtheit.  #00:09:45-7#

SG: Welche Produkte haben Sie da ganz konkret verwendet? Also insbesondere welche Tagesleuchtpigmente?  #00:09:52-3#

AD: Die von Kremer Pigmente. Und zwar auch nicht alle. Ich habe kein Grün verwendet, denn das kann man ja selbst mischen, sondern nur die zwei Gelbtöne, Orange, Rot und Rosa. (...) Blau auch nicht, denn das hat gar keinen Sinn.  #00:10:16-4#

SG: Sie verwenden die Pigmente auch nur in dem Bindemittel Öl, oder haben Sie da auch schon andere Bindemittel verwendet?  #00:10:22-7#

AD: Nein, habe ich nicht. Nur in Öl.  #00:10:27-6#

SG: Wie ist der malerische Aufbau mit den Tagesleuchtfarben in Ihren Arbeiten?  #00:10:29-2#

AD: Wie gesagt, in den ersten Arbeiten habe ich sie immer mit den entsprechenden klassischen Farben vermischt, damit sie nicht zu sehr herausknallen und das Bild damit auseinanderreißen. Die Farben sind zu leuchtend im Vergleich zu den anderen, deshalb habe ich sie abgemildert benutzt. Bei Juan war die Farbe mit Kadmiumorange, Gelb und Weiß vermischt, bei Chris mit Weiß und traditionellen Gelbtönen – vermutlich Kadmiumgelb zitron. Bei Bastien ebenfalls mit Weiß. Bei dem Bild Sunset habe ich sie wirklich im großen Stil das erste Mal verwendet. Das ist das Bild, das neun Meter lang und zwei Meter hoch ist. Es war 2006 in der Art Basel bei Art Unlimited ausgestellt. Weil ich mir dachte, dass diese Pigmente vielleicht nicht ewig leuchtend bleiben, habe ich das Bild so aufgebaut, dass von ihm dennoch etwas übrigbleibt, selbst wenn diese Leuchtkraft mal verschwindet. Diese Farben sind ja nicht unbedingt lichtecht. Der Aufbau war streng systematisch, indem ich die Leuchtfarben nur in dem Hintergrund verwendet habe. Der ist hell und hat einen regenbogenartigen Farbverlauf. Die Figuren im Vordergrund sind lasierender und dunkler und nur mit traditionellen Pigmenten gemalt. Wo sie kleine Lichtkanten an der Seite haben ist auch dort Leuchtpigment drin. Aber ansonsten in den Farben im Vordergrund überhaupt nicht. Ich habe mir gedacht, wenn das Ganze die Leuchtkraft verliert, dann dunkeln die Figuren vielleicht ein bisschen nach und der Hintergrund hellt sich auf und wird weißer. Ich weiß aber nicht, ob meine Idee stimmt. Doch wenn der Hintergrund weißer würde und pastellfarbiger und die Figuren im Vordergrund ein bisschen nachdunkelten, wäre das Prinzip des Bildes immer noch vorhanden – also der Kontrast vom Vordergrund zum leuchtenden Hintergrund. Allerdings hatte ich danach Georg Kremer getroffen, der mir leider gesagt hat, dass es ganz schlecht sei, die Farben mit Titanweiß zu vermischen. Deswegen habe ich das später auch nie wieder gemacht. (...) #00:12:57-7#

SG: Und dann haben Sie diese lasierende Technik entwickelt, von der Sie eben schon gesprochen haben?  #00:13:03-7#

AD: Genau. Da habe ich das ganze Bild [Die Badenden, 2009] mit einer hellgrauen dünnen Imprimitur versehen und darauf Weißhöhungen angebracht. Die leuchtfarbigen Stellen sind über das abgestufte Weiß lasiert. Da wurde nirgendwo mehr etwas von diesen Leuchtpigmenten mit Weiß gemischt. Die Leuchtpigmente habe ich in diesem Bild wirklich überall angewendet.  #00:13:42-2#

SG: Hat sich dadurch auch der Effekt geändert? Es ist ja eine ganz andere Vorgehensweise beim malerischen Auftrag.  #00:13:49-4#

AD: Ja, klar. Es ist ja auch ein ganz anderes Bild. Da wollte ich etwas Anderes. Ich wollte hauptsächlich diese leuchtfarbigen Plastiksachen, diese aufblasbaren Schwimmspielzeuge malen, und das funktioniert mit dieser Lasurtechnik tatsächlich am besten. Wenn ich die Farben mit Weiß gemischt hätte, wären sie nicht so leuchtend geworden. Meine Technik war in diesem Fall wirklich sehr passend zu dem, was ich dort vorhatte.  #00:14:20-3#

SG: Auf welchen Untergründen oder Grundierungen sind die Farben aufgetragen, die Sie mit Weiß oder anderen Pigmenten ausgemischt haben?  #00:14:32-3#

AD: Das ist ganz normales käufliches Gesso //  #00:14:35-7#

SG: // Sind die Untergründe weiß?  #00:14:37-5#

AD: Ja, aber wie gesagt nicht immer. In dem Bild Juan habe ich das ganze Bild mit einer Mischung aus Kadmiumorange und einem etwas erdigeren Ton unterlegt – ganz genau weiß ich es nicht mehr. Ich glaube, es war Kadmiumorange als Acrylfarbe, gemischt mit etwas Weiß und Gelb. Damit habe ich die ganze Leinwand orangerot vorgestrichen und darauf dann gemalt. Die anderen beiden Männerbilder wurden auf einen sehr hellen Grund gemalt, aber doch nicht ganz weiß. Ich bin mir nicht mehr einhundertprozentig sicher. Vielleicht auch nicht. Bei Bastien war es wohl ein leicht schweinchenrosa Ton. Wie es bei Chris war erinnere ich mich nicht. Es ist lange her.  #00:15:21-8#

SG: (lacht) Ja, das stimmt. Legen Sie auch Wert auf eine bestimmte Oberflächenbeschaffenheit bei diesen Farben? Glanzgrad oder Struktur?  #00:15:43-7#

AD: Ich firnisse alles. Das heißt, die Oberflächen sollen hinterher alle gleich sein, wenn das Bild gefirnisst ist. Deswegen ist mir nur wichtig, dass es nicht allzu sehr einschlägt und stumpf wird, weil das natürlich nach dem Firnissen anders aussieht. Aber das lässt sich auch nicht immer verhindern.  #00:16:16-1#

SG: (...) Dann würde ich zum nächsten Thema übergehen: Präsentation und Alterung. Haben Sie da besondere Vorstellungen, wie ihre Werke – besonders diejenigen, die Tagesleuchtfarben enthalten – ausgestellt werden sollen?  #00:16:52-5#

AD: Was ich ebenfalls von Georg Kremer weiß, ist, dass die Tagesleuchtfarben zwar nicht besonders lichtecht sind, aber wenn sie lediglich normalen Lichtverhältnissen ausgesetzt würden, ginge das wohl jahrzehntelang gut. Jedoch, nur ein einziger Tag direkter Sonnenbestrahlung könne ein Bild für immer ruinieren. Deswegen achte ich persönlich darauf, dass sie nicht im direkten Sonnenlicht hängen. Das ist die Bedingung. Und auch, dass das Licht nicht allzu stark ist. Temporäre Ausstellungen dauern ja meist nicht sehr lang. Das Bild Die Badenden {2009] stand sehr lange im Lager eines Museums. Ich bin dann irgendwann einmal in diesem Lager gewesen und war völlig schockiert, weil das Bild überhaupt nicht verpackt war. Denn das Lager hatte Oberlicht und war sehr hell. Das heißt, das Bild stand die ganze Zeit in der Sonne, vielleicht jahrelang. Es kann also sein, dass es bereits einen Schaden bekommen hat. Ich habe es jetzt lange nicht gesehen.  #00:18:08-5#

SG: Im Hinblick auf die Präsentation Ihrer Werke: Bestehen Sie auf eine besondere Beleuchtung oder Lichtfarbe? Das ist sicher auch immer ausstellungsbedingt, nehme ich an. //  #00:18:22-4#

AD: // Ja, natürlich. //  #00:18:24-1#

SG: Oder gibt es da konkrete Vorstellungen?  #00:18:26-0#

AD: Nein. Bis auf die allererste Arbeit, die ja nur bei UV-Licht gezeigt werden konnte – dazu gibt es ein Set von Lampen und bei jedem Bild wird so eine Lampe montiert. Die anderen Bilder habe ich nie mit UV-Leuchten ausgestellt, sondern ganz normal bei Tageslicht, wenn es ging. Sonst Scheinwerferlicht. Meist ist es ja eine Mischung in Museen: Ein hoffentlich gutes Tageslicht und natürlich noch auf die Arbeit gerichtete Spots. Was ich weniger mag ist Neonlicht, weil es die Oberflächen irgendwie staubig aussehen lässt. Es ist kein gerichtetes Licht und die Tiefe ist dann weg. Das mag ich für meine Bilder prinzipiell nicht. Das trifft auch genauso auf diese Arbeiten zu.  #00:19:26-6#

SG: Werden die Arbeiten der Reihe Ahnen nur im Schwarzlicht präsentiert?  #00:19:33-8#

AD: Ja. Ich hatte damals sogar über eine alternierende Schaltung nachgedacht, also dass ab und zu das Licht an- und ausgeht, hatte die Idee aber verworfen, denn ich fand das zu gadgetmäßig. Zehn Jahre später hat es ein Russe auf der Venedig-Biennale in seinem Pavillon genauso gemacht und hat periodisch das Licht an- und ausgehen lassen. Ich fand es aber auch dort irgendwie albern.  #00:20:10-6#

SG: Bevorzugen Sie da eine besondere Lichtquelle? Bei Schwarzlicht gibt es ja verschiedene Produkte.  #00:20:18-0#

AD: Das war ja 1990, da gab es diese verschiedenen Produkte vielleicht noch nicht. Ich hatte ganz normale Lampen. Es ist ja auch eine Investition. Die sind ja nicht ganz billig. Wir hatten damals ein Set von diesen Lampen angeschafft und ich habe nie etwas anderes ausprobieren können. Es ist mir völlig neu, dass es da noch Neuerungen auf dem Feld gibt.  #00:20:40-8#

SG: Es waren dann diese Schwarzlichtröhren? //   #00:20:43-0#

AD: // Das waren diese Röhren, die es eben gab. In der normalen Neonröhrenlänge. Ich glaube, es sind acht Bilder und acht Röhren.  #00:20:57-4#

SG: Ich komme jetzt zu den Veränderungen. Haben Sie da bereits selbst Beobachtungen bei ihren Arbeiten machen können, oder auch bei Probeaufstrichen?  #00:21:12-1#

AD: Nein, habe ich nicht. Die Bilder habe ich ja nicht. Sie sind entweder verkauft oder eingelagert, wie das Bild Die Badenden. Ich bekomme das nicht mit. Wobei, das stimmt nicht ganz. Denn eins habe ich im Atelier in München: die Schwestern.  Das Bild ist auch im Interview mit Maike Grün. 2006, als sie in meinem Atelier war und wir dieses Interview geführt haben, war ich gerade dabei, es zu malen. Da habe ich die Tagesleuchtfarben vor allem im Hintergrund in einer hellgrünen Wiese verwendet und auch teilweise im Bild. Das Bild könnte ich mir natürlich anschauen, aber es steht eben umgedreht oder eingepackt irgendwo, und ich schaue es mir ebenso wenig an wie die anderen Bilder. Ich glaube aber, dass sich dort nichts getan hat, weil es immer unter Lichtausschluss gelagert wurde. Ich glaube, das Bild ist noch okay. (...)  #00:22:10-0#

SG: (...) Wie gehen Sie darüber hinaus mit der Vergänglichkeit der Farben um? Haben Sie noch weitere Strategien entwickelt, damit umzugehen?  #00:22:42-1#

AD: Sagen wir mal konkret: für das Bild Die Badenden habe ich mir UV-Schutz-Firnis gekauft und es damit hoffentlich noch einmal gefirnisst. Ich weiß es aber nicht mehr. Es war mir vorher allerdings nicht bekannt, dass es so etwas wie UV-Firnis überhaupt gibt. Ansonsten achte ich auf die Lichtechtheit der Farben. Jetzt steht es ja immer drauf, die Kürzel der Pigmente und auch die Lichtechtheit. Im Gegensatz zu meiner Studienzeit, wo man nie wusste, was in dem drin ist, was man da kauft. Wobei es auch heute noch schwierig ist, weil es natürlich von einer Firma zur nächsten nicht dieselbe Klassifikation ist. Aber ich nehme immer die allerhöchste Beständigkeit. Es gibt zum Beispiel bei bestimmten Tönen wie Dioxazinviolett oder auch Chinacridon Rosa unterschiedlich lichtechte Sorten. Die weniger lichtechten Farben sind oft schöner, aber ich verwende sie trotzdem nicht. Auch bei den anderen Tönen mag ich ganz gern diese Studioqualitäten in den größeren Tuben. Die sehr teuren Farben sind oft zu konzentriert. Es ist schwieriger, mit denen zu malen. Dann müsste ich selbst Füllstoffe zugeben. Ich wüsste gar nicht, was da genommen wird. Es gibt wirklich sehr anständige Qualitäten, mit denselben Pigmenten wie die sehr hochwertigen Farben. Sie sind nur eben verdünnter. Von den einschlägigen Firmen. Schmincke habe ich sehr viel verwendet, als sie ihre großen Norma-Tuben rausgebracht hatten. Das ist keine Studioqualität, es sind Künstlerfarben, aber eben nicht die teuersten, nicht die Mussini. Momentan habe ich sehr gerne diese Van-Gogh-Farben [Royal Talens], die auch gute Kadmiumpigmente enthalten. Es wird leider immer schwerer, Kadmium- und Kobaltfarben in großen Tuben zu bekommen. Royal Talens sind fast die Einzigen, die das noch machen – wo es noch ein Kobaltblau in einer großen Tube gibt. In dem Bild Die Badenden habe ich zum Beispiel Kobaltblau verwendet. Ich versuche schon, möglichst lichtechte Pigmente zu verwenden.  #00:25:05-2#

SG: Haben Sie hinsichtlich der Tagesleuchtfarben mal mit anderen Produkten experimentiert oder von vornherein immer nur die Pigmente von Kremer verwendet?  #00:25:14-2#

AD: 1990, bei den allerersten Arbeiten habe ich einfach diese Töpfchen mit den weißen Acrylfarben verwendet. Ich weiß nicht mehr, was es damals gab. Ich glaube es war Lukas, die damit angefangen haben. Später habe ich wirklich nur noch die Pigmente von Kremer benutzt und nie irgendetwas anderes. Es war auch einfach aus praktischen Gründen. Der Laden liegt nahe der Akademie. Ich habe sie dann auch mitgenommen nach Marseille. Sie wiegen wenig und lassen sich daher leicht transportieren.  #00:25:50-4#

SG: Sie haben zwar noch keine Veränderungen an Ihren Werken beobachtet, aber wie denken Sie darüber, wenn das mal passieren sollte?  #00:25:59-1#

AD: Doch, ich habe bereits Veränderungen beobachtet. Sie hatten mich ja nur gefragt, was die Tagesleuchtfarben betraf. Andere Veränderungen habe ich leider schon sehr oft beobachtet. Schon als Studentin. Ich habe beobachtet, dass beispielsweise Weiß unheimlich gegilbt war. Ich hatte damals Arbeiten auf Ölmalpapier. Wenn sie in der Schublade lagen, waren sie anschließend zitronengelb, wenn sie dort wieder herauskamen. Wenn man sie dann eine Weile ins Licht hängte, wurden sie glücklicherweise wieder etwas weißer. Ich hatte es aber in letzter Zeit oft, dass der Firnis stark gegilbt ist. Es ist Firnis aus Dammar und Terpentin, den ich selbst ansetze. Ich weiß nicht, warum er so gegilbt ist, auf Bildern, die noch nicht sehr alt sind. Von 2010 oder so. Zitronengelb. Furchtbar! Mit der Hilfe unserer Maltechnikerin der Akademie, die ausgebildete Restauratorin ist, habe ich bei einer kleinen Arbeit den Firnis abgenommen. Sie hat mir gezeigt, wie es geht und mir die dafür benötigten Produkte gegeben. Bei einer dreiteiligen Arbeit hat sie mir mit dem ersten Bild geholfen. Die zwei anderen habe ich selbst gereinigt. Fürchterliche Arbeit. Im Atelier in Marseille habe ich ein großes Bild, bei dem ich im hellen Hintergrund keinerlei Tagesleuchtfarbe verwendet hatte. Aber es sieht fast so aus. Dort hatte ich Kadmiumgelb zitron lasiert über einen dunkleren Hintergrund. Es wirkt sehr leuchtend. Dieses große Männerbild ist leider wirklich gegilbt, und zwar unregelmäßig. Dort, wo die Firnisschichten dicker sind, wirkt er wie ein gelber Schleier. Da bin ich ziemlich verzweifelt. Ich weiß nicht, wie ich das alles wieder runterbekommen soll, von einem Zwei-Meter-Bild. Daher stelle ich mir gerade die Frage: was ist mit meinem Firnis los? Wie muss ich das jetzt machen?  #00:27:53-7#

SG: Würden sich die Tagesleuchtfarben aber mal verändern, wie stehen Sie dazu?  #00:28:06-0#

AD: Das habe ich Ihnen ja gesagt: Dadurch, dass ich das weiß, dass sie sich verändern werden, habe ich bei der Konzeption der Bilder darauf geachtet, dass trotzdem etwas von ihnen übrigbleibt. Das Bild ist dann zwar nicht mehr ganz so poppig und frisch, aber immer noch da. Eigentlich kann es bei der Technik, die ich verwendet habe, nicht passieren, dass ein Bild völlig auseinanderfällt. Es wird einfach etwas weniger aufregend.  #00:28:41-7#

SG: (lacht) Okay. Das waren dann schon meine Fragen. Herzlichen Dank für das Interview!  #00:29:31-1#

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