Project/Occasion | Information on the painterly work (part 2) | |
Interview with | Günther Förg (GF) | |
Conducted by | Erich Gantzert-Castrillo, | |
Elisabeth Bushart (both: artemak) | ||
Location | Munich | |
Date | November 12th, 2007 | |
Transcript | Erich Gantzert-Castrillo (transcript) | |
Günther Förg (corrections) | ||
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artemak: Also, Günther, fangen wir an. Zur Arbeitssituation: Wo malst Du? In Deinem Atelier in Colombier, in dem in Freiburg oder an der Akademie in München. Malst Du auch an anderen Orten, bei denen Du Dich länger aufhältst oder nur im Atelier?
GF: Das Atelier ist also in der Schweiz, in Le Locle. Das ist ein Atelier, das ich seit zehn Jahren oder so hab, und zuvor hatte ich ein kleines, auch in der Schweiz. Davor hatte ich nie ein Atelier, was an sich ganz interessant ist, denn am Anfang habe ich immer praktisch in situ gemalt, ich habe im Prinzip... Nein, man muss es anders sagen: Beim Akademiestudium ist es klar, da hat man im Klassenraum gearbeitet, danach habe ich nie mehr ein Atelier gehabt. Die nächsten acht Jahre vielleicht, hatte ich kein Atelier. A) weil ich meistens nur Fotoarbeiten gemacht hab, die kannst ja im Fotolabor anfertigen lassen und dem Schreiner geben, der einen Rahmen rummacht. Da brauchst Du kein Atelier haben. Mitte der 80er Jahre habe ich dann mit diesen Bleibildern wieder angefangen zu malen. Da war aber die Situation so, dass ich die in den Galerien gemalt hab. Das ging meistens über Max Hetzler in Köln (Galerie Max Hetzler, damals noch in Köln, heute in Berlin. Anm. d. Red.). Damals bin ich morgens nach Köln geflogen, und da war alles vorbereitet, dann hab ich die Bilder da gemalt und bin abends wieder zurück nach München geflogen. Da gab's auch kein Atelier. Dann bin ich '88 in die Schweiz gegangen und hab da an sich am Anfang immer nur bei der Spedition gemalt, diese Bleiarbeiten, weil da ist ja kein ... Du überlegst Dir, was Du machen willst und dann ist..., dann hast Du eine bestimmte Palette von Farben, und ich habe mir dann immer so kleine Skizzen auf Bierfilzen gemacht, am Vorabend, was für Bilder ich mir machen wollte. Ich habe so ungefähr die Farben festgelegt. Und dazu brauchst Du an sich auch kein Atelier, Du brauchst es nicht, um das länger zu überprüfen. Dann in der Schweiz hatte ich ein ganz kleines Atelier, also jahrelang ein kleines Atelier, und jetzt dann eben seit zehn Jahren ein größeres. Brauch ich inzwischen auch, ein Atelier. Also, ich bin da mittlerweile ganz froh - aber ich hab relativ spät ein Atelier erst gehabt.
artemak: Und da arbeitest Du jetzt ausschließlich?
GF: Ausschließlich.
artemak: O.K.
GF: Also, weder in München noch Freiburg noch sonst irgendwo.
artemak: Zur Arbeitsweise und Vorbereitung: Legst Du eine Unterzeichnung an, bevor Du mit dem Malen beginnst, oder gehst Du völlig frei vor?
GF: Eine Unterzeichnung gibt es an sich nicht.
artemak: Gibt es nie?
GF: Nein, weil der Entwurf ist vorher, also, nicht nur bei den Bleibildern ist es klar: da zeichne ich auf dem Bierfilz halt, wie das eingeteilt und was bemalt wird. Und wenn ich die Bleikörper da vorbereitet sehe, dann entscheide ich das noch mal. Verstehst, wenn jetzt da eine wahnsinnig schön patinierte Oberfläche da ist, dann entscheide ich mich, die einfach stehen zu lassen und nur einen Streifen drauf zu machen oder halt nur einen Teil zu bemalen. Und bei den Arbeiten, die praktisch nach den Bleibildern entstanden sind, ist es also relativ festgelegt, was ich mach, deswegen brauch ich keine Vorzeichnung, es entsteht nicht - ich geh' nicht ins Atelier und weiß nicht, was ich tun soll.
artemak: Du hast vorhin von den Bierdeckelkonzepten gesprochen - ich hatte die Frage: Fertigst Du die Skizzenkonzepte, zum Beispiel für die mehrteiligen Zyklen, an?
GF: Nein.
artemak: Nein.
GF: Mach ich danach. Ja, nein, es ist halt tatsächlich so, dass ich eher die Papierarbeiten danach mach.
artemak: Hm.
GF: Also, wenn mal Papier gewünscht wird, dann habe ich das immer später gemacht.
artemak: Also, das sind dann eigenständige Papierarbeiten?
GF: Oder ich habe Bleiarbeiten wieder als Gouache nachgemacht. Wenn Du was hast, dann kannst Du das noch mal in Papier umsetzen und musst jetzt nimmer großartig nachdenken, sondern einfach Farben anmischen.
artemak: Und Deine Bierfilzeln, das sind Kugelschreiberskizzen?
GF: Ja, so was, was man halt abends in der Kneipe bei sich hat.
artemak: Auffallend ist, dass Deine Malereien zügig und schnell ausgeführt wirken. Ist das so?
GF: Ja.
artemak: Ja.
GF: Wir haben jetzt vorher auch die neueren Arbeiten angeschaut. Es ist auch so ein Negativimage, dass man da immer so Schnellmaler sagt. Ich mein, Schnellmaler ist an sich etwas negativ.
artemak: Also, meine Frage zielte aber nicht darauf ab.
GF: Ich weiß. Aber automatisch..., wenn etwas schnell gemalt ist oder zügig - zügig ist ja noch die harmlosere Form von schnell. Man hat mir immer gesagt: Schnellmaler. Ich kann da nur sagen: Der eine hat Talent, der andere nicht. So ist es halt.
artemak: Legst Du die Farben mehrschichtig an, oder malst Du mehr nass in nass? Das ist sehr verschieden bei unterschiedlichen Zyklen.
GF: Ja, aber das wird wirklich in einem durchgezogen.
artemak: Also es ist zwangsläufig auch nass in nass?
GF: Ja.
artemak: Mischst Du die Farben für die mehrteiligen Zyklen vor, also, wenn Du jetzt ein...
GF: Ich bin Pragmatiker. Ja, und deswegen ist ja das..., diese Bleibilder sind ja ziemlich alle in Acryl gemalt, es gibt so ein, zwei, ein bisschen was gibt's in Öl. Das hat natürlich auch mit der Trocknung zu tun, und das haftet auch besser. Nur bei Acryl, Acryl ist ja wirklich die letzte Schmiere. Ja, das ist halt so: Acrylfarbe hat Pigment von weitem gesehen. Das ist Chemie, was da drin ist, von Hoechst oder von der Firma Bayer. Und Du hast Dir diese Farbpaletten, ob Lukas, ob Schmincke oder italienisch oder Rowney oder - völlig wurscht -, sind ja alle im Prinzip grauenvoll. Und der Trick ist aber immer... und da bin ich Pragmatiker: Ich wasche ungern Pinsel aus. Verstehst Du: Du hast die Farbe von vorher drin und streifst die ein bisschen aus und mischst dann meistens mit dem alten Pinsel die neue an, und damit kippst Du die Farbe; das ist auch ein beliebter Trick.
artemak: Es ist nicht so, dass es eine Reihe von Gefäßen gibt, wo zum Beispiel Rot, Blau, Grün und andere Schattierungen drin sind?
GF: Doch, das gibt's auch.
artemak: Das gibt's auch, ja?
GF: Ja, es gibt einfach so Lieblingsfarben von mir. Was weiß ich, so ein rotstichiges Orange, Ultramarin, Weiß, Schwarz dazu, funktioniert immer.
artemak: Also, Du mischst schon?
GF: Mischen an sich ungern. Ich kann gut mischen, also ich krieg da wirklich alles hin. Aber ich mach's ungern. Ich tu dann eher von den verschiedenen Firmen die Farben zusammenstellen. In den letzten Jahren malte ich fast ausschließlich mit diesen kt.Color-Farben, von der Firma der Katrin Trautwein.
artemak: Das heißt, Du suchst die Zwischentöne, die als homogene Masse schon da sind. Habe ich das richtig verstanden, dass die Farben nur noch entfernt an Pigmente erinnern?
GF: Nein, aber das einfachste ist, das wird doch heut inzwischen alles global gemacht, und das ist wahrscheinlich Bayer Chemie, Bayer, die diese ganzen Farbpigmente herstellen. Also, diese Farbteige. Und ob das ein italienisches Fabrikat ist oder ein amerikanisches: Die kaufen die alle bei Bayer. Oder bei Hoechst oder sonst irgendeiner Firma. Und es gibt schon noch ganz gute Farben, aber die meiste Acrylfarbe ist der letzte Mist. Das wird dann schon gelb. Wenn Du Gelb nimmst, dann schaut es gelb aus; aber ein Pigment ist da auch nicht mehr drin.
artemak: Du meinst, es ist sehr einheitlich von der Palette her?
GF: Nein, einfach von der Qualität her ist es die letzte Schmiere.
artemak: Und das ist bei den Ölfarben besser?
GF: Ich denk ja.
artemak: Die haben auch eine andere Leuchtkraft und Brillanz.
GF: Das ist meine Theorie: Alles, was man in Öl macht, kriegt man auch fast in Acryl hin. Allerdings, wenn Du dick malst, funktioniert es zum Beispiel nicht. Weil da ist einfach der Binder, das wird einfach Plastik.
artemak: Da ist diese Filmbildung, die es da gibt.
GF: Jetzt, wenn Du Acryl spachtelst, das ist Plastik. Und bei Öl ist es nicht der Fall.
artemak: Ja. Du hast ja auch ein anderes Tiefenlicht beim Öl, nicht?
GF: Man kriegt alles hin. Und ich finde, jetzt auch so mit den neuen Arbeiten, alles mixen, verstehst, und dann gibt's Leute wie ihr, ihr könnt euch ja dann später drum kümmern, wenn das mal ein bissel runter fällt. Das ist ja nicht das Problem, aber ich find es an sich - damit kriegt man zum Beispiel auch so eine Wirkung wie beim Öl hin. Wenn Du Lack, Acryllack nimmst und einfach wild durcheinandermischst, und halten tut fast alles. Du kannst auch Ölfarbe mit einer Acrylfarbe mischen. Das geht auch noch.
artemak: Kommen wir zum Cotton duck. Ist das Cotton duck vorgrundiert, wenn ja, womit?
GF: Das Cotton duck grundiere ich immer mit dem Binder ab.
artemak: Mit dem Binder. Mit dem Acryl- oder mit dem Dispersionsbinder?
GF: Ja, halt so...
artemak: Mit einem Primer?
GF: Ja, also entweder farblos oder in Weiß grundiert mit einem Primer. Cotton duck ist halt einfach, das liegt wie ein Brett. Das ist angenehm, vom Spannen, das liegt wie ein Brett, ganz flach. Und dann nass drüber, das kannst Du wirklich ohne Zange spannen, Cotton duck, weil das geht so ein nachher, wie eine Trommel ist das, das ist angenehm.
artemak: Weshalb wechselst Du mit den Farbsystemen, zum Beispiel zwischen Ölfarbe und Acrylfarbe auf gleichem Bildträger wie Cotton duck? Mir ist aufgefallen, dass es beim Cotton duck meistens einen Wechsel gibt.
GF: Also, ich bin an sich erst mal ganz froh, dass ich jetzt erst relativ spät wieder mit Ölfarben ansetze, weil bei den Anstreichern gibt es ja wirklich diesen Malerschwachsinn, und ich glaub, bei den Ölfarbenmalern, die haben auch alle den Schwachsinn - durch die Lösungsmittel wirst einfach blöd. Weil das ist so... ruinierst wahrscheinlich Deine Gesundheit mit dem Zeug. Und ich bin jetzt relativ spät, also, dass ich wieder partiell so ein bisserl Öl einsetze, einfach auch, um so eine Tiefe hin zu bekommen. Aber sonst nehme ich Acryl. Wie gesagt, man kriegt fast alles... - was Du in Öl malst, kriegst Du auch in Acryl hin.
artemak: Und wenn Du mischst, wenn Du zum Beispiel in den Medien zwischen Acryl und Ölfarbe wechselst - warum machst Du das?
GF: Na, einfach um so eine Tiefe hinzukriegen. Das kriegst über so ein... - da bin ich jetzt aber auch erst die letzte Zeit draufgekommen, weil ich etwas wollte, was der Ölfarbe nahekommt. Aber auf der anderen Seite möchte ich mich dem Gestank nicht aussetzen. Und dann dieses Pinselwaschen, es ist so ekelhaft. Ja, wobei, wenn ich mit der Maria Zerres darüber geredet habe - das geht an sich easy. Aber ich mein, ich möchte jetzt nicht großartig was Anderes landen...
artemak: Also, Dir ist es einfach unangenehm, mit Lösemittel zu arbeiten.
GF: Ja, ja. Das ist wirklich unangenehm.
artemak: Und Du hast jetzt in Deinen letzten Arbeiten die Ölsticks verwendet?
GF: Ja. Ohne eine andere Ölfarbe.
artemak: Ohne andere Ölfarben, also Tubenölfarben?
GF: Ja, da gibt's ja von der Firma Kremer Pigmente so hausgemachte Ölfarben.
artemak: Ich wollte noch einmal was fragen, weil Du sagst, Du kriegst mit Acryl eigentlich dieselben Effekte hin wie mit Öl. Und das sieht man ja auch gerade an den großflächigen Bildern, dass Du sehr lasierend malst mit Acryl und dass sie eine große Tiefe bekommen. Hast Du denn lang dafür experimentiert?
GF: Es gab doch mal diese Holzbilder, die Du restauriert hast, und die sind ja wahnsinnig dünn gemalt.
artemak: Die breiten Leinwände?
GF: Ja. Und das dürfte dieselbe Grammzahl auch vom Gewebe haben. Du, ich denk da nicht mehr drüber nach.
artemak: Und Du beziehst Deine Leinwände jetzt bei diesem belgischen Hersteller?
GF: Ja.
artemak: Jetzt kommen wir zu den Goldbildern mit Rupfen. Weshalb verwendest Du Rupfen als Bildträger, zum Beispiel bei den Goldbildern?
GF: Das hat einfach ein bisserl so was Kippenberger-Widerliches, einen Rupfen zu vergolden. Das war schon so in die Richtung, ansonsten, wenn man jetzt... das soll schon auch ein bisschen garstig sein. Ja. Wie wenn sich die Haare, die stellen sich ja da auch ein bisschen. Bei dem, was Du vergoldet hast - da stellen sich erst ein bisschen die Haare, bei den Rupfen. Und das finde ich an sich, verstehst, ich möcht nicht so was Glattes wie Yves Klein, ich find die wunderbar. Wenn Du so eine schöne Holzplatte hast und das noch vergoldet - das ist mir zu weich. Also, ich möchte da nicht in das super Elegante rein.
artemak: Wenn es zu perfekt wäre ...
GF: Das ist mir zu elegant.
artemak: Zu elegant, ja.
GF: Ich möchte ..., es kann ein bisschen Kippenberger-mäßig sein.
artemak: Kein Sakralcharakter? Also etwas kruder?
GF: Ja, krud.
artemak: Jetzt kommen wir zum Holz als Bildträger. Hast Du außer Holzplattenprodukten, wie Tischler -, Hartfaser - und Pressspanplatten, auch Holzplatten aus Massivholz verwendet?
GF: Bisschen, aber nicht viel.
artemak: Es spielt keine wesentliche Rolle in Deinem Oeuvre?
GF: Nein, nein. Es gibt jetzt eine große Zahl von ... ich hab auf MDF gemalt. Wobei das MDF ja wirklich die Pest ist. Aber es ist praktisch. Der Nachteil ist, dass es stoßempfindlich an den Kanten ist. Da hast dann das Knäckebrot, das bricht halt.
artemak: Ja, ja.
GF: Aber es ist so als... es lässt sich einfach gut verarbeiten. Sprich, wenn Du das jetzt auf einer Pavatexplatte ..., dann musst die wieder aufkleben. Und die MDF, die gibt es in vielen Stärken. Und da kannst Du einfach Löcher reinbohren lassen, um die Hängung zu machen. Das ist relativ gut. Und da gibt es eine große Zahl, das sind sicher vier- bis fünfhundert kleine Bilder.
artemak: Auf MDF?
GF: Ja, ja.
artemak: Wie stark sind die Tischlerplatten und Holztafeln? Gibt es hier Varianten, die sich am gewählten Format ausrichten?
GF: Nein, die sind meistens so 18-22 mm. Das ist einfach so, damit es sich auch nicht zu sehr verzieht.
artemak: Ist die Rückseite der Holzbildträger behandelt, zum Beispiel durch einen Aufstrich oder durch Leisten, die eine Verwerfung der Tafel verhindern sollen?
GF: Du, die Leisten verhindern kein Verwerfen, das ist ja das Tragische. Und ich tu die immer oder hab die immer beidseitig grundiert, genau so oft, was ja helfen soll. Aber machst Du eine Holzleiste drauf, schon wieder hast Du die Probleme. Alles, was Du vorher erreicht hast, nimmst Du, wenn Du hinten eine Aufhängung dranmachst, wieder weg. Weil das halt wieder anders sich verhält.
artemak: Bist Du dem Problem der Verwerfung beigekommen?
GF: Nein.
artemak: Nicht richtig?
GF: Es gibt Bilder, die stehen relativ wie eine Eins, aber andere...
artemak: Die Documenta-Bilder sind ja noch mal auf Platten montiert?
GF: Ja. Und dann, ich mein, man hat halt einfach blöde Ideen. Und da hat dann der Schreiner so einen Rahmen... da war die Rahmenleiste ..., wenn Du vorne draufschaust, war's bündig mit dem Glas. Also, verstehst, wenn das die Vorderseite war, da war der Rahmen, und dann kam das Glas - und das war eben. Da hat man das Glas auf 45 Grad geschliffen, schleifen lassen, und hat den Rahmen auch auf 45 Grad gemacht. Das geht aber nur technisch, wenn das Glas dick ist. Das heißt, die Dinger kannst Du auch nicht mehr bewegen. Es ist die Pest. Also, das würde ich auch heut nicht mehr machen.
artemak: Jetzt zu den Hartfaser- und Pressspanplatten, die bei Dir auch öfters vorgekommen sind. Aus welchem Grund verwendest Du anstelle von Holz Tischler-, Hartfaser- oder Pressspanplatten? Ist dies vom Format der Bilder abhängig?
GF: Das ist vom Format abhängig. Und so Pressspanplatten hab ich an sich..., ich hab meistens so Tischlerplatten verwendet und, ich mal jetzt nicht so eine - die Anstreicher sagen dazu »Orangenhaut«. Alles, was Du so rollst, kriegt ja diese Orangenhaut von der Lammfellrolle oder von der Schaumstoffrolle, durch deren Noppen - und das, find ich, hat an sich in Kunst nix verloren. Und deswegen ist so eine Tischlerplatte, wenn Du die mit dem Pinsel grundierst, ist einfach angenehmer. Das schaut mehr nach Kunst aus, und man muss sich vorher nicht das Problem machen, dass man da ein Bild lösen muss, damit es wieder nach Kunst ausschaut. Sondern man geht gleich auf die Kunst los und macht sich weniger Probleme.
artemak: Wie wurden diese verschiedenen Materialien miteinander verbunden? Verleimt?
GF: Verleimt und verschraubt, wobei Verschrauben besser ist als Leimen.
artemak: Da ist die Gefahr geringer, dass es sich verzieht?
GF: Ja, ja.
artemak: Jetzt zu den Aludibond -Platten. Besteht der Aluminiumbildträger aus einer Aludibond-Platte?
GF: Nein, nein, das ist massives Aluminium.
artemak: Also, harte, massive Aluminiumplatten. Wurde das Aluminium vor dem Bemalen vorbehandelt?
GF: Nein.
artemak: Wurde auch keine Grundierung aufgebracht?
GF: Nein.
artemak: Oder ein Anstrich?
GF: Nein. Ich hab's mal mit einem Primer versucht, aber das ist ein Mist.
artemak: Wie stark sind denn die Bildträger?
GF: Du, 2 mm oder so. Und das Beste..., die an sich beste Grundierung für Alu ist wirklich Dispersion. Hält überall.
artemak: Interessant.
GF: Und dieses ..., was die immer so sagen, die Industrie, mit Primer und so, das ist alles ein Mist. Das ist ein Mist. Das ist einfach mit Dispersion runtergestrichen. Zweimal Dispersion und dann hält‘s. Und das ist halt das Wahnsinnige an diesem Acryl und Dispersion: Das hält ja überall.
artemak: Ist auf der Rückseite der Bildträger eine Verstärkung zur Stabilisierung angebracht?
GF: Ja, ja. Das sind Aluleisten. Also, U- oder Viereckprofile, draufgeklebt.
artemak: Die sind geklebt.
GF: Geklebt. Und teilweise wurden sie aber auch genietet. Aber dann hat man wieder das Problem, dass Du vorne die Niete siehst.
artemak: Ah ja.
GF: Die kannst jetzt wieder schleifen und verspachteln, und dann hast Du wieder das Problem.
artemak: Das arbeitet, nicht?
GF: Ja, und das hält nie auf Ewigkeit. Das ist meistens geklebt.
artemak: Es hat auch einen Vorteil: Falls sich eine Klebung löst, kann man die, ohne die Bemalung in Mitleidenschaft zu ziehen, ...
GF:... abreißen. wieder neu verkleben.
artemak: Also, falls sich da so eine Leiste ablöst.
GF: Also, wenn auf Alu gemalt war - die Arbeiten sind dann oft so kombiniert mit, sagen wir mit Fotografie. Die Teile, die sind ja oft so mit Spraydosen gemacht - also weniger mit Pinsel gemalt, meistens mit Spraydose. Und dann ein Foto noch dazu. - Und ich finde, wenn da mal was kaputtgeht, dann macht man das neu.
artemak: Also, das Foto wird dann neu gemacht?
GF: Foto neu, und die Spraydose gibt's ja auch noch.
artemak: Wirklich?
GF: Also, das würde ich wirklich im Notfall neu machen.
artemak: Du, Du müsstest das schon neu machen!
GF: Ich müsste das nicht machen, Restaurator heißt der zuständige Mann.
(Lachen)
artemak: Klingt sehr interessant.
GF: Nein, aber da sich einen abzubrechen, verstehst Du, da ist es doch besser, Du ziehst das Foto noch mal ab, nimmst eine Aluplatte her und sprayst die Flächen noch mal.
artemak: Sind es monochrome Flächen?
GF: Ja, oder Quadrate. Weißt, so Schachbrett oder Streifen drauf, das kann man doch machen.
artemak: Jetzt zu den Bleibildern. Die Bleibilder unterscheiden sich nicht nur in Format, sondern auch durch den Auftrag der Acrylfarbe. Oft bedecken die Farbfelder die gesamte Bleifläche, andere nur einen Teil, oder es gibt nur einen farbigen Streifen.
GF: Hm.
artemak: Ja?
GF: Man muss das erst mal so sagen: Mit Blei bist Du ja relativ reglementiert, über diese..., ich mein, des Bleiblech wird an und für sich für Dächer hergenommen. Das kauf ich beim Dachdeckerbedarf. Und da gibt's dann kleine Rollen, ja, auf 50 cm, die kannst Du grad noch heben. Dann gibt's eine Bleirolle auch mit 1,20 oder 1,10 oder so um den Dreh rum. Dadurch sind auch die Bleibilder relativ auf die Größe festgelegt. Mit 1,20 kannst Du aber so eine Rolle nimmer bewegen, weil das einfach so saumäßig schwer ist. Ich hab ein paar Bleibilder größer gemacht und hab das Blei - weißt, wie beim Teppichlegen - übereinander gelegt, geklebt auch, übereinander, und dann schneidest durch beide Platten durch und ziehst das ab. Und dann passt das ja genau. Nur... es gibt das größte Bleibild, das ist, glaub ich, an einem Stück 2,90 auf 2,90 oder 3 mal 3 Meter. Nur, es ist nimmer zu bewegen. Die Firma Hasenkamp, die eine tolle Spedition ist, die haben es dann auch dreimal versucht, in einen Aufzug mit einer Diagonale von 2,90 m rein zu schieben, und haben das dritte dann auch noch kaputt gemacht. Drei Bilder... Die haben das erste versucht - ging nicht. Dann haben's das zweite versucht - war gleich groß. Beim dritten haben sie es noch einmal versucht: war wieder kaputt.
artemak: Alle drei Bilder sind kaputt?
GF: Ja logisch.
artemak: Es sind Kratzer reingekommen, oder?
GF: Ja, das Blei ist weich. Das passte halt nicht in den Aufzug. Die waren zu faul durchs Treppenhaus zu gehen.
artemak: War Ihnen halt zu schwer.
GF: Du, das trägst nimmer.
artemak: Wurde dafür immer das in Qualität und Stärke gleiche Bleiblech verwendet?
GF: Ja, das ist meistens, ich glaub, Bleiblech, das gibt's ja auch bis zur Folie. Was die Grafiker früher verwendet haben. Und auch die Schriftenmaler haben...
artemak:... zum Schablonenschneiden...
GF: Genau. Das schaut einfach ..., weil das kommt nicht so raus, ich möchte schon, dass das so eine Schwere hat.
artemak: Eine Körperhaftigkeit?
GF: Körperlich... Das heißt, da musst also für 1 mm irgend so einen wahnsinnigen Assistent haben, an 2 mm Kraft. Aber da kannst Du so ein kleines Bleibild schon nicht mehr tragen, musst schon zu zweit tragen - das ist auch ein Schwachsinn. Das ist meistens 1 mm.
artemak: Es wird ja dann auch schwierig, das aufzuspannen oder das noch zu formen.
GF: Das geht.
artemak: Bei 2 mm? Geht das auch?
GF: Das geht.
artemak: Das ist doch relativ weich?
GF: Das ist weich, und weißt, da legst dann einfach eine Leiste drauf und haust mit dem Hammer hin, das geht,... und wie gesagt, die kleinen sind..., irgendwann heißt es dann mal, kleben. Alle, oder kleben lassen...
artemak: Womit geklebt?
GF: Du, mit irgend so einem Epoxidharz oder so was.
artemak: Wie ist das Bleiblech rückseitig befestigt? Genagelt oder getackert?
GF: Getackert.
artemak: Wurden die Bleibilder von einem Assistenten angefertigt? Wo und von wem?
GF: Du, jetzt erzähl ich mal den Running Joke, den ich in den achtziger und neunziger Jahren in Amerika ..., immer, wenn ich da so Ausstellungen drüben hatte, da musst Du dann meistens einen Vortrag halten, weil dann das Goethe Institut bezahlt, und da ist schon der Flug drin. Einmal konnte ich ..., da hab ich mich erfolgreich geweigert und gesagt: »Ich hab keine Lust da hin zu fahren, nach Texas«. Und hab gesagt: »Nix American Airlines, Lufthansa und Business-Class!« Da haben die gesagt: »Nein, das geht nicht.« Dann hab ich gesagt: »Dann komm ich nicht.« Und da hatte ich aber das Museum unterschätzt. Die haben das Guggenheim angerufen, die wohl mit der Lufthansa verbandelt sind, und ich hatte wirklich meinen Business-Flug (lacht). Dann hab ich gesagt: »Am nächsten Tag zurück - ich möcht keinen Jetlag haben. Und dasselbe wieder retour, Business-class, bitte.« Und dann haben die gesagt: »Kein Problem.« Und da musste ich dann einen Vortrag halten, einen Lichtbildvortrag, und die Amis sind ja noch so gesundheitsbewusst, und dann fragt man mich - die Frage kommt immer: »Blei ist doch giftig!« So aus dem Publikum. Da sag ich: »Wieso ist das giftig?« - »Blei ist doch giftig?« Da sag ich: »Ich schleck's doch nicht ab!« - »Ja, aber sie bereiten doch das vor!« Dann sag ich: »Wieso, das machen doch die Assistenten!« Das ist immer der Running Joke.
(Alle lachen)
artemak: Also politisch korrekt?
GF: Nicht ganz!
artemak: Wurde das Bleiblech in irgendeiner Form vor dem Bemalen behandelt, wurde eine Grundierung aufgebracht?
GF: Nein.
artemak: Also keine Grundierung. - Ist das nicht fett bzw. fettig?
GF: Na ja, aber ich möchte da auch nicht..., weißt, wenn Du da das Wischen anfängst, dann löst sich... Um des Bleiblech zu walzen, ist da wahrscheinlich Silikon oder ein Öl auf der Walze... Das läuft ja zwischen zwei Walzen, das nachher... das wird ja immer dünner gewalzt, nicht. Du, aber Acryl, das hält da drauf. Ich hab einige Bilder gemacht - wobei ich da baden gegangen bin, ein Teil existiert noch - und dachte mir, mach ich eine schöne Farbe drauf, und hab vom Kremer so diese Farbteige genommen, bei dem es ganz schöne Farbtöne gibt. Also, es gibt ein Violett, da kannst mit einem Liter, damit kannst 100 Meter malen, das ist wahnsinnig farbintensiv.
artemak: Ja.
GF: Und hab da dann kein Acryl-Binder rein und hab gedacht: »So, jetzt machst mal was ganz Tolles« und hab's mit Schellack angemischt. Und die sind mir zum Teil abgeplatzt. Manche haben komischerweise, manche Farben haben gehalten. Das hängt wahrscheinlich mit dem Pigment auch zusammen, mit dem Farbton... Das waren so zehn Bilder. Die Hälfte davon haben die Grässlins - also da kommen keine Klagen.
artemak: Also stehen sie noch.
GF: (Lacht) Stehen noch.
artemak: Aber sie sind eingepackt?
GF: In Kisten halt, in Kisten. Und niemand schraubt die Kiste auf.
artemak: Ihr habt die normalerweise nicht irgendwie abgerieben, sondern wirklich so belassen?
GF: Ja, weil damit würdest Du teilweise auch die Patina zerstören.
artemak: Richtig.
GF: Und das möcht ich nicht, weil dann kriegst Du zum Beispiel automatisch so eine Wischbewegung rein, und das siehst, das wird ein bisserl artifiziell.
artemak: Ja.
GF: Ich mein, der Giorgio, der hat mir dann Bleibilder vorbereitet, und ich hab dann gesagt: »Tu mir die doch ein bisserl patinieren.« Dann hat der da draufgeschmiert, also, was nur ging, und der hatte nicht viel, nicht viel Schwefelleber, da passiert relativ wenig. Ja. Beim Rostentferner, der war schon relativ gut. Ich mein, die schönsten Bleibilder von der Patina her hatte ich mal, als ein Assistent ..., da wo ich wohn, da hatte ich so einen Pferdestall als Atelier, und der hat mir Bleiblech zugeschnitten auf die Formate und hat das vor dem Atelier gemacht, weil das war ein winziges Atelier, so wie die Küche, vielleicht, ein bisserl größer als die Küche [circa 15 qm, Küche der Wohnung in der Kurfürstenstrasse, München. Anm. d. Red.]. Und dann ist das Wetter umgeschlagen, und ich hab dann nur gesagt: »Tu des einschlagen, das Bleiblech.« Und man hat es in Folie eingeschlagen - und dann kam der Winter. Und dann lag das den Winter über draußen, und da ist natürlich Schnee und Wasser reingelaufen. Und das ist so wahnsinnig schön patiniert... Aber, ich heiß ja nicht Kiefer, verstehst, und leg da so in mein Atelier die Bleibildchen hin.
artemak: Verwendest Du für die Bleibilder die gleiche Acrylfarbe wie für Deine anderen Bilder?
GF: Ja.
artemak: Besteht der Holzplattenkern aus einer Tischlerplatte?
GF: Tischlerplatte - und dann aufgedoppelt am Rand, also nach hinten.
artemak: Wurde dafür immer das gleiche Material in Qualität und Stärke verwendet?
GF: Ja. Immer so 18er Platten, und dann 22er Platten, noch Mal um 2 cm aufgedoppelt.
artemak: 1986 gibt es einige Bleibilder, die mit Ölfarbe ausgeführt wurden und einige mit Öl - und Acrylfarbe. Liegt hier die Acrylfarbe über der Ölfarbe oder stehen beide Farbsysteme nebeneinander? Was sind die Gründe hierfür?
GF: Nein. Es gab wahrscheinlich einen pragmatischen Grund, dass das halt grad da war... aber die sind nie übereinander gemalt. Die Acryl... also, die Bleibilder sind immer in einem Ton gemalt. Das gab manchmal so Sachen, wo ich... das war einfach zu lasierend, dann hab ich gesagt: »Na gut, da muss man ein zweites Mal drüber gehen.« Das ist aber eher selten, ganz wenig. Meistens ist das in einem gepinselt. Und wie man das halt so macht, also die Flächen sind immer..., verstehst, das ist ja nicht wie eine Leinwand, die ein bisserl saugt. Egal was für eine Leinwand, dann saugt sie ja ein bisschen... Das Blei saugt ja nicht, das heißt, Du verteilst die Farbe drauf und machst das immer schön über Kreuz, und dann ziehst Du das am Schluss noch einmal durch. Und da ich mich nicht so oft bücken möcht, mach ich das natürlich waagrecht.
(Lachen)
artemak: Also, die Körpersprache beeinflusst die Ausführung?
GF: Absolut. Das wird am Schluss immer waagrecht durchgezogen. Und dann hast jetzt aber das Problem, teilweise am Rand, dann zieh ich die Senkrechten, links und rechts, noch nach. Aber die Fläche ist dann immer waagrecht, vom Pinsel.
artemak: Zu den Kupferbildern. Wurde dabei immer das in Qualität und Stärke gleiche Kupferblech verwendet?
GF: Ja. Im Prinzip ja. Und das ist auch so 1,5 mm, so ein Blech.
Also...
GF: Und auch mit Acryl gemalt.
artemak: 1,5 mm stark ist das Kupferblech?
GF: Ja. Aber das ist natürlich wesentlich starrer.
artemak: Und ist das Kupferblech auf der Rückseite auch getackert?
GF: Ja.
artemak: Besteht der Holzplattenkern aus einer Tischlerplatte?
GF: Ja.
artemak: Wie bei den Bleibildern?
GF: Ja. Ist genauso.
artemak: Wie und mit welchem Werkzeug hast Du die konkave Verformung der Kupferbleche hergestellt?
GF: Es gibt verschiedene Kupferbilder. Eine Idee war mal einfach, das kam so über das Relief her - Du hast dann diese Linien, diese Würste, das würstelt so ein bissel, wo so Linien drauf sind. Und Du hast einfach jetzt einen Holzkern, und der wird dann ausgeschnitten. Da zeichne ich auf dem Holzkern auf, und dann wird mit der Stichsäge ausgeschnitten, dann das Kupfer drum rum gespannt, also so rumgeklappt - das ist ja relativ starr - und dann mit dem Besenstiel die Vertiefung reingedrückt.
artemak: Ach, verrückt. So ist praktisch der untere Bildträger das formgebende Bildmaterial.
GF: Ja, ja. Und das ist mit dem Besenstiel reingedrückt.
artemak: Aha.
GF: Also, das ist schon schwer, und das mach nicht ich, sondern das macht der Giorgio. Aber das war ziemlich schwer, weil das Kupfer ist einfach ziemlich hart.
artemak: Da beantwortest Du schon die nächste Frage: Wurden die unbemalten Kupferbilder von einem Assistenten angefertigt?
GF: Ja. Ja.
artemak: Also vom Giorgio Staro?
GF: Hm.
artemak: Wurde das Kupferblech in irgendeiner Form vor dem Bemalen behandelt?
GF: Zum Teil hab ich die Flächen weiß grundiert, so mit einem gebrochenen Weiß grundiert ... das ist ein bissel ein ähnliches Problem, dieses Nichtsaugende vom Material, und Du kriegst an sich keinen schönen Farbton, verstehst, die Farben waren relativ alle lasierend, es gibt ein paar Farben, die decken. Wenn Du da jetzt so ein Caput Mortum nimmst, das deckt ja wie die Pest. Aber Grüntöne, die werden immer lasierend. Und da hab ich dann zum Teil vorgrundiert, die Flächen, die zu bemalen sind, einfach mit Acryl vorgrundiert.
artemak: In Weiß?
GF: Im gebrochenen Weiß.
artemak: Verwendest Du für die Kupferbilder die gleiche Acrylfarbe wie für Deine anderen Bilder?
GF: Ja, ja, ist genau dasselbe.
artemak: Akzeptierst Du jede Form von Patina auf dem Kupfer?
GF: Na ja, man muss es anders sagen: Kupferbilder gibt es ja nicht so viele. Es gibt diese Art, sag ich jetzt mal, Reliefs, weil sie sind ja doch wie ein flaches Bild, was zweidimensional ist. Es ist zwar ein Körper, aber Leinwand ist zweidimensional. Ansonsten machst Du ein Objekt. Bei den Kupferdingern ist das ja anders, auch weil die teilweise so eingedrückt sind und danach bemalt. Und dann wollt ich mal einfach groß malen, und Kupfer... -, bis Du da in diesem ganzen Metallwarenscheiß bist, immer, gibt es ein Plattenformat, Tafelformat heißt das. Bist ja immer eingeschränkt, die Tafeln sind ja immer 1 x 2 Meter.
artemak: Es wird nicht in Rollen geliefert, sondern in Tafeln?
GF: Ja, weil es starr ist. Und dann, die Anna Grässlin, die hat mir dann mal irgendwie Kupfer angebracht, das war 1,50 x 3 Meter, gibt's so ein Sonderformat. Dann hatte ich dieses Zeug immer bei mir da rumstehen und dacht, ich werd wahnsinnig, und die waren da, aber... ich mein, das ist dann auch nimmer so perfekt wie so ein Tafelformat 1 x 2 Meter, weil die geben sich die Mühe, teilweise ist des noch beschichtet mit Folie und... und das war also richtig ramponiert und daher hab ich vier Bilder draus gemacht; und dann hab ich immer zwei Tafeln zusammengesetzt. Weißt Du, die Bilder waren dann immer 3 x 3 und waren aus zwei Tafeln 1,50 x 3 zusammengesetzt. Also insgesamt vier Bilder. Auf einen Holzkern aufgeklebt, wieder, seitwärts natürlich nix, dann... Bei diesen Kupferreliefs ist es ja nach hinten gebogen, das Kupferblech. Da war einfach seitwärts die Kante weiß gestrichen. Aber ich mein, frag mich nicht - Du, so ein Ding: drei Zentner. Also nicht zu bewegen.
artemak: Also unpraktikabel.
GF: Absolut. Also zu viert ist es eine Tortur, das zu bewegen. Es gab aber dann einen Sammler, dem ich doch mal zwei verehren konnte, dem Herrn Grothe, und die andern zwei hängen in den Kunstsammlungen Nordrhein-Westfalen. Also, die vier Bilder sind entsorgt.
(Lachen)
Aber nie mehr ins Atelier! Ah ne, das ist die Hölle. Ich mein, Du kannst erschlagen werden, wenn so ein Ding fällt, dann bist erschlagen.
artemak: Aber die sind sehr schön, die in Düsseldorf. Die haben wir kürzlich gesehen.
GF: Aber krude auch.
artemak: Ja. - Woher beziehst Du das Blei - und Kupferblech?
GF: Bei Metallwaren und im Baustoffhandel gibt es das.
artemak: Jetzt kommen wir zu den Auflagenobjekten, die zwei Bleibilderserien von 1976 und 1986 in einer Auflage von je neun Exemplaren. Unterscheiden sich diese Exemplare in Material und Aufbau von den anderen Bleibildern?
GF: Nein. Nicht immer.
artemak: Das heißt, Du gehst genauso vor. Die zwei Kupferbilderserien von 1976 in einer Auflage von je 16 Exemplaren, unterscheiden sich diese in Material und Aufbau zu den anderen Kupferbildern?
GF: Nein, auch nicht.
artemak: Jetzt zur Malerei auf Masonit.
GF: Masonit, ja.
artemak: Masonit als Bildträger.
GF: Pavatex heißt das im Schweizerischen.
artemak: Wie heißt das?
GF: Pavatex.
artemak: Masonit heißt Pavatex in der Schweiz?
GF: Ja, also das sind praktisch diese - wir reden vom selben - das sind diese braunen Platten, die vorne eine ganz glatte Oberfläche haben und hinten so geriffelt sind.
artemak: Ich meine diese Masonit -Platten, die Du ausgestellt hattest, weißt Du, wie so Pulte?
GF: Ah so, ja, die sind aus Masonit, aber das heißt Pavatex.
artemak: Den Begriff Pavatex kenn ich, aber den hab ich nie mit Masonit in Zusammenhang gebracht.
GF: Das ist praktisch ein Mehl, das mit Kunststoff gepresst wird. Und Du hast auf der einen Seite eben eine ganz glatte Fläche und auf der Rückseite hast Du so eine geriffelte.
artemak: Also, Masonit als Bildträger. Warum hast Du Dich für dieses ungewöhnliche Material als Bildträger entschieden?
GF: Du, das war einfach ... ich hatte mal eine Ausstellung, das ist wirklich sehr pragmatisch, aber das war so, und da hat man diese Tische gebaut. Da hatte ich eine Zeichnungsausstellung, eine Grafikausstellung, und da sind einfach so Tische, so Pulttische, die ... wie so ein Häuschen schaut des aus.
artemak: Wie so ein Dach.
GF: Ich hatte da mal eine Zeichnungsausstellung, eine Grafik- und dann eine Zeichnungsausstellung - und da waren auch noch Glasplatten drauf, und die haben praktisch dann die Zeichnungen bzw. die Grafiken gehalten. Die waren einfach so befestigt und dann abgedeckt und gesichert durch eine Glasplatte. Und man hatte immer diese Gestelle im Atelier rumstehen - der Staro wurde wahnsinnig - und hat gesagt: »Kann man des net endlich mal verheizen.« Und da hab ich gesagt: »Nein, des hat ja Geld gekostet, des wird aufgehoben, des verwenden mir mal irgendwie.« Und dann hatte ich eine Ausstellung in Recklinghausen. Die Kunsthalle Recklinghausen, das sind drei Etagen. Und dann hab ich gesagt: »Unten Skulpturen, erste Etage Bilder und oben zeigen wir die Tische. Und machen zur Bedingung, die müssen das entsorgen.« Dann war der Giorgio, ist glücklich, weil er die Tische vom Hals hatte, weil die haben so viel Platz ..., die waren nicht demontierbar. Und dann hat man das gemacht, aber direkt auf die Tische malen..., also ich mein, meine Bilder heb ich schon auf. Die Tische kann man wegschmeißen, aber die Bilder... Und deswegen war es dann irgendwie klar, man muss auf Masonit arbeiten, weil das so dünn ist, dass man das einfach drauflegt. Und ich finde das ja eher eine lustige..., im Katalog, schaut doch lustig aus.
artemak: Ja, es sieht interessant aus und sehr ungewöhnlich.
GF: Und die Tische hatten so ein Dach und da lagen die Platten drauf.
artemak: Und hast Du auch Glasplatten drübergelegt?
GF: Nein.
artemak: Normalerweise stehen gelassen.
GF: Die Glasplatten, die stehen da im, im... Da wollt ich Hinterglasbilder machen, aber ich wollt die ein bisserl kleiner schneiden lassen, die Glasplatten, aber das geht nicht, weil das Sicherheitsglas ist, das kann man nicht mehr schneiden. Da wird das Glas einfach behandelt, und wenn Du dann mit dem Hammer draufhaust, dann hast Du da tausende Splitter. Und das wird irgendwie mit, mit... ich weiß nicht, wie das gemacht wird, wird das bestrahlt, und dann kannst Du das nie mehr schneiden, das Glas. Erst mal ist es aber ein normales Glas, das nachher noch behandelt wird. Und jetzt hab ich die Glasplatten, die gibt es noch.
artemak: Hast Du die Masonit-Platten mit einem weißen Primer vorgrundiert?
GF: Ja, aber offen. Einfach einmal grundieren, nicht dreimal grundieren, einmal grundieren, und damit hast Du automatisch schon einen lebendigen Grund.
artemak: Hast Du die Rückseite auch mit Anstrich versehen?
GF: Nein.
artemak: Was war das für ein Primer? Förg-Grundierung von Diethelm?
GF: So was, ja. Ich wollte auch mal..., mit der Katrin Trautwein ist es eigentlich abgesprochen, dass es mal eine Förg-Palette gibt, ich hab aber bisher noch nie die Zeit gehabt.
artemak: Also, da gäbe es dann Le Corbusier, Yves Klein und - Günther Förg.
GF: Genau.
artemak:Warum nicht?
GF: Und das müssen die Studenten dann pflichtmäßig abnehmen, ich krieg Prozente.
(Alle lachen)
Und die Sachen schauen endlich mehr nach Förg aus.
artemak: Der verlängerte Arm... Zur Grundierung: Nicht alle Deiner malerischen Arbeiten sind grundiert. Wo liegt die Entscheidung, eine Grundierung aufzutragen oder wegzulassen?
GF: Wenn dann ist es farblos grundiert. Grundiert ist fast alles, weil die Bindung einfach besser ist. Was ja auch Kremer in seiner Broschüre schreibt. Sobald Du einmal Acryl draufhast, farblos Acryl, ist die Haftung besser. Du, ich bin jetzt kein Chemiker, aber das dockt ja sofort an. Deswegen sind die im Prinzip alle grundiert. Das ist..., außerdem bin ich nicht Edvard Munch.
artemak: Welches Grundierungsmaterial wird hierfür verwendet? Eine gewöhnliche Dispersionswandfarbe, ein Primer oder eine Acrylfarbe?
GF: Da die Bilder inzwischen auch ein bissel was kosten, kommt da schon immer Lascaux drauf. Und Lascaux ist ja an und für sich ganz gut, oder?
artemak: Ja. Hab ich auch schon oft verwendet.
GF: Du, da kam der Diethelm - der Diethelm war ja auch ein Spießer bis zum geht nicht mehr. Der Giorgio hat mir den mal angebracht. Kommt der da und sagt: »Ich hab den Diethelm da, ich komm mit dem Diethelm vorbei.« Da sag ich: »Was soll ich mit dem Diethelm, da hab ich nix am Hut.« Und dann hab ich die zum Essen eingeladen, mittags, in so ein Fischrestaurant da bei mir. Und weißt, was er als Gastgeschenk mitbringt! so kleine Fläschchen mit Flüssigaquarell, zwölf so Fläschchen, so klein. Und da sag ich: »Ja Diethelm, wissen's ich arbeit lieber mit dem Wasch'l, mit der Bürste, nicht mit dem Dreihaarpinsel.« Sag ich: »Des mit dem Flüssigaquarell ist schon o.k., man braucht halt dann nicht mehr schrubben - aber des, des langt mir ja nicht mal für ein Aquarell.«
artemak: War das Lascaux-Aquacryl gewesen?
GF: Ja.
artemak: Und hast Du das dann verwendet?
GF: Die Farben haben mich nicht interessiert. Und der hatte das damals gerade entwickelt und wollte da meine Meinung. Aber so einen Scheiß verwende ich nicht. Das ist technisch gut, aber...
artemak: Ja, das eignet sich unglaublich gut zum Retuschieren. Damit haben wir einen Teil Deiner Bilder retuschiert.
GF: Ich denke, ja. Also, was der Diethelm an sich ..., find ich jetzt, die Künstlerlinie, die ist an sich nicht so das Interessante bei Lascaux. Sondern das Interessante bei Lascaux, das ist das Restauro Programm plus, das für die Schulen. Du, das ist ein bisserl teurer und es ist anständig. Dieses Künstlerische, das hat mich von Diethelm nie interessiert.
artemak: Jetzt noch mal zu den Farben. Dispersion: Woraus genau bestanden die Farben bei Deinen sechs grauen Bildern aus der Akademiezeit? Hast Du die Dispersion als Binder genommen und mit Kreide und Pigment vermischt?
GF: Nein, das ist Anstreichfarbe, Wandfarbe.
artemak: Eine einfache Anstreichfarbe?
GF: Genau. Also, was ich an sich ganz schön fand damals, das war ..., ich meine, eine Anstreichfarbe hat einfach einen anderen Sinn. Das füllt auch mehr, die Bilder sind weich geworden. Mit dem Acryl ist das nicht so einfach, das so füllend hinzubekommen. Die werden härter. Also, ich tu wahrscheinlich im Alter, mal ich wieder mit Anstreichfarbe.
artemak: Ging es Dir darum, eine matte Oberfläche zu erhalten?
GF: Ja, auch.
artemak: Die trocknet ja schön matt auf, die Anstreichfarbe.
GF: Ja.
artemak: Und die Füllstoffe, die geben das Körperhafte, von dem Du sprichst.
GF: Ja, dass es einfach so weich wird. Und das kriegst Du mit Acryl nicht hin - außer Du würdest dem jetzt was beimischen. Du, und ich hab das ja dann mit diesen Füllstoffen versucht, mit der Spachtelmasse. Der Diethelm hat mir dann gesagt: »Nehmens eine Spachtelmasse.« Er hat alles versucht, ich meine, bin ich Stuckateur?
artemak: In dem Gespräch mit Thomas Groetz erwähnst Du eine schwarze Grundierung, über der ein grauer Schleier liegt, ähnlich einer gewischten Schultafel. Wie bist Du vorgegangen? Handelt es sich wirklich um eine schwarze Grundierung?
GF: Ja. Das ist einfach, was der Kremer praktisch als Farbteige... Da hatte irgendjemand in der Akademie..., so ein Freund sagte, das war ein Freund von meinem Bruder, der sagte: »Da gibt es so einen, der macht so Farbteige.« Und da konnte man sich wirklich so einen Eimer bestellen, in schwarz.
artemak: Beim Kremer?
GF: Nein, Kremer gab es damals nicht. Ich weiß nicht, wann der angefangen hat. Der hat wahrscheinlich schon angefangen, war aber noch nicht so im Geschäft. Und das war irgendwie Hoechst Chemie oder so. Und das war praktisch ein Farbteig, und dann hast halt einen Binder dazu getan. Die ersten Bilder sind ursprünglich aus diesen Abtönfarben, diese Tuben oder diese Flaschen aus Plastik - das ist natürlich der letzte Scheiß.
artemak: Die Ketchup-Flaschen?
GF: Genau.
artemak: Also, das war schon der erste Auftrag auf der Leinwand, nicht? - Mit was hast Du jetzt verbunden, was hast Du genommen?
GF: Also, erst mal mit Dispersion grundiert, dass es diese Weichheit gibt. Und dann wird das ja auch relativ - so eine Wandfarbe ist ja saugend. Ich mein, das hat sich auch verändert. Früher gab es..., heute streichen sich die Leute schon mit Acryl die Wände, früher hat man das mit Dispersion gemacht. Und die Ärmeren haben es mit...
artemak:... mit Kalk gemacht.
GF: Nein, mit...
artemak: Leimfarbe.
GF: Ja, mit Leimfarbe. Leimfarbe war das billigste. Die hast Du im Sack gekauft und musstest die dann verdünnen, und die hat natürlich extrem gesaugt. Früher hat man dann noch unterschieden zwischen wischfest und waschfest. Bei waschfest war einfach der Binder besser. Und, Du, ich hab da alles draufgeschmiert. Und dieses wischfeste, das gibt noch mehr Weichheit. Was wirklich schön ist, eine wischfeste ..., Du lebst nicht im Aquarium, sondern das atmet ja noch. Und heute streichen die das mit Hoechst Acrylat-Farbe, was ein Schwachsinn ist - da bist in der Sauna. Das macht alles dicht.
artemak: Hast Du das in mehreren Schichten aufgestrichen?
GF: Ja.
artemak: Und lag darunter eine weiße Grundierung?
GF: Ja, ja. Das war alles offen. Das sind diese Akademie-Bilder, die sind alle offen. Und es war halt einfach das Billigste. Die Leistung war dann schon zu 90 oder sagen wir drei Meter Nessel, die gab es in drei Meter, das man auf drei Meter Keilrahmen hinten auftackert, ja, da musst Du schon ziehen wie ein Ochs. Grundieren, drei mal drei Meter, und da war schon, sagen wir, ein Viererkreuz drin, oder, damals hatte ich kein Geld, dann hab ich nur ein Kreuz reingemacht, was für ein Wunder: Das Bild stand in der Mitte so hoch! Das zieht es Dir so..., weil das geht so an die Kraft... Ich zu meinem Freund rüber: »Du, was kann man da machen?« Da sagt er: »Du, stell Farbeimer auf die Kanten, an den vier Ecken, stell Farbeimer drauf, das zieht Dir die Leisten gerade.« Aber das war einfach eine Preisfrage, man hat einen dünnen Nessel genommen.
artemak: Also, aus Kostengründen hast Du Nessel verwendet?
GF: Ja.
artemak: Und über Holz gelegt hast Du ihn dann auch, nicht? Und was hast Du da genommen?
GF: Über Holz, nein, nicht über Holz, sondern auf Keilrahmen.
artemak: Immer nur über Keilrahmen?
GF: Keilrahmen, die billigen, das heißt, billig waren die auch nicht. Da gab es neben dem Leinen Eckart, gab es so ein Keilrahmengeschäft, da hab ich sie immer gekauft, oder hier vorne beim Plattner oder Schachinger, Schachinger hat das immer gehabt. Und durch Stipendium, Bafög, konnte ich jede Woche ein Bild malen und ein T-Shirt mir kaufen.
artemak: Was konntest Du Dir kaufen?
GF: T-Shirt!
artemak: T-Shirt, ja. Mit Aufdruck oder ohne Aufdruck?
GF: Ohne Aufdruck. Das gab es damals noch nicht so. Die Aufdrucke kamen erst später.
artemak: Die Bilder waren wenigstens leichter als viele, die Du später gemacht hast.
GF: Ach ja, ich würde es nie mehr machen.
artemak: Auf Keilrahmen malen?
GF: Nein, ich würde nie mehr... Haben wir heute drüber geredet? Mit wem hatte ich da erst gesprochen, muss gestern oder heute gewesen sein... Der Twombly hat doch gerade eine Ausstellung in Avignon gehabt. Ganz schön, ich hab den Katalog gesehen, also wirklich ganz toll. Wo dann irgendeine Frau das Bild geküsst hat.
artemak: Ach so, die Geschichte.
GF: Ich mein, der alte Sack möchte natürlich auch nicht mehr auf die Leiter rauf, ist ja irgendwie verständlich. Ich weiß nicht, wie alt er ist. 82? Und müsst da noch auf die Leiter hoch.
artemak: 78, 79.
GF: Oder 80, ja? - Also die Formate sind zwar ellenlang, aber so, dass man mit dem Pinsel hinkommt, von unten. Ich versteh es. Drei mal drei Meter - es ist die Pest. Auf diese Scheiß Aluleitern hoch, das macht keinen Spaß. Man geht jetzt mehr in die Länge.
(Lachen)
artemak: In die Breite.
GF: In die Breite, ja, und nicht mehr in die Höhe.
(Lachen)
artemak: Günther, noch mal zur Ölfarbe. Weshalb verwendest Du die Ölfarbe? Sollen wir da noch mal drüber sprechen? Aber Du hast ja eigentlich schon sehr viel über Arbeiten in Ölfarbe gesprochen.
GF: Du, ich kann schon mal sagen ..., das ist wahrscheinlich so ein Trauma von mir. A) muss ich anmerken, dass ich nie eine technische Ausbildung gemacht hab, an der Akademie, ich bin nie zur Malschule Frau Kinseher, bin ich ja nie hingegangen, die gab es damals auch nicht, das haben andere Leute gemacht... Ich bin da nie hingegangen und ich war ja immer... ich hab mich ja immer als moderner Künstler gesehen, den Technik überhaupt nicht interessiert. Und dann hab ich so in der Alchemie alle möglichen Materialien ausprobiert, so Untergründe, Trägermaterialien und verschiedene Farben so in Richtung Robert Ryman... ja, wie schaut eine Lackfarbe auf Karton aus oder ..., ich mein, wahnsinnig interessant. Das ist auch die Malschule. Und da habe ich natürlich auch so ein bisschen Öl... wobei früher, da habe ich das auch gerne gerochen, so Terpentin, das riecht nach Kunst, ja... Ja, es riecht wirklich nach Kunst. Weil da war ich in der Klasse da, und da denk ich: »Jetzt hab ich einmal Freisemester, und schon stinkt es in der Klasse nach Öl.« Schon musste ich die Absauganlage einbauen, ich mein, das ist ja unerträglich. Ich mein, wenn Du mit Acryl malst, dann kriegst Du ja so einen Kopf bei dem Gestank. Und ich hatte da nach wie vor, so ein bisschen ein Trauma. Ja... Namen werden jetzt nicht genannt, aber auch so Kollegen von mir, die malen ja alle Öl. Und das gibt dann so Öl auf Leinwand, Collage auf Leinwand, jetzt geht schon ein bisschen mehr, ohne dass ich den Namen nenne, Öl, Fotodruck auf Leinwand, mit Collage. (Lacht) So eine Scheiße ..., weil Du verkaufst die wirklich noch besser.
artemak: Ja.
GF: Bei Acryl, da bist immer der Schnellmaler und... weißt, dem Acryl haftet ja so was an, als könnte man die Trocknungszeit nicht abwarten. Als wäre man da in der Brezelbackfabrik. Was die da in der Acrylfarbe verbrechen, das ist wirklich eine Schande. Man kann eine Acrylfarbe auch toll machen mit Pigmenten, da kannst Du sie ganz toll machen. Aber was die Industrie macht - der Kunstbereich ist so klein, der Schulbereich ist so ..., Kunst so - das interessiert die doch nicht. Da tun die den letzten Dreck rein. Natürlich schaut das Gelb nachher Gelb aus. Aber ich mein, bin ich der Firmenmaler von der Firma Hoechst, Hoechst Chemie oder was? Also, das kann's ja wohl nicht sein. Wobei es im Prinzip keine Rolle spielt, wenn Du irgendwas darstellst, verstehst, eine Figur da, hat einen roten Kopf, gelbe Kleidung, erkennt man wieder: roten Kopf, gelbe Kleider, grüne Schuh - verstehst, das ist auch in Acryl so, man erkennt es ja wieder. Also, die Schuhe sind jetzt nicht violett. Und das, mein ich, das ist so ein bisschen mein Trauma..., weißt, ich hab Kunstgeschichte immer abgelehnt. Aber irgendwann... ich finde es tragisch, dass man dann irgendwann immer bei dieser Kunstgeschichte landet. Trotzdem, ich mein, was ein Arbeitsinstrument ist von mir und was ich auch wirklich immer da..., ich konnte mir natürlich auch leisten... Frau Ilka Koenig hat mir hier eine Bibliothek aufgebaut, hat mir in Karlsruhe eine Bibliothek aufgebaut, ich hab jetzt eine Bibliothek in Freiburg, eine in der Schweiz, eine in München. Und das sind alles..., also, damit arbeite ich. Und das ist für mich ein Instrument wie ein Pinsel, eine Bibliothek zu benützen. Das mir einfach anzuschauen. Und mir geht's ..., wenn ich ein Bild sehe, was mich interessiert, frag ich mich automatisch: »Wie ist denn das gemacht?« Genauso wie Du das fragst: »Was ist denn das, grau, Acryllack? Und was ist vorne gemalt und was ist hinten gemalt?« Und das ist, das ist auch ein Arbeitsinstrument. Und ich war aber auch immer ein moderner Künstler, ich habe mich immer als moderner Künstler gesehen und nicht..., also, ich bin jetzt nicht so ein Schwachkopf, der sagt, ich mal jetzt wie Brueghel oder wie sonst irgendein Schwachkopf. Deswegen hab ich auch immer moderne Materialien genommen. Das hat mich immer interessiert, also nicht... Du kannst Ende des 20., Anfang des 21. Jahrhunderts ..., man muss das einfach wegschmeißen, so wie Twombly das auch weggeschmissen hat, verstehst, und dann, Erich, ob das Öl unten oder das Acryl drüber liegt, das ist mir völlig egal, das ist Dein Problem.
artemak: O.K.
GF: (Lachen) Also, man muss, find ich, auch... und diese neuen Materialien ..., ich mein, diese Dispersion, das haftet überall drauf. Ich mein, dieses Scheiß Graffiti-Zeug, das haftet auch überall drauf.
artemak: Die Unzufriedenheit, die Du mit den Acrylfarben hast, hat die dazu geführt, dass ...
GF:Das ist so ein Trauma. Das ist ein Trauma, wo ich mir einbilde, ich müsste mich hier jetzt in Kunstgeschichte einreihen - das ist doch scheißegal.
artemak: Das Trauma hast Du ja eher mit der Ölfarbe. Daraufhin hast Du immer zur Acrylfarbe gegriffen. Mit der Acrylfarbe bist Du eigentlich nicht zufrieden. Könnte man sagen, Du bist jetzt bei den Dispersionsfarben von der...
GF: Akademiezeit?
artemak: Von der Katrin...
GF: Das sind jetzt... KT Farben, von Katrin Trautwein.
artemak: Genau.
GF: Du, das ist ja ..., ich mein, ich hab dann auch gesagt: »Sie machen da Mineralfarben mit dem Kunstharz. Entschuldigen Sie, was ist denn das?« - Ja, das muss man so bezeichnen. Wir kennen uns nur per Telefon, und ich sag: »Frau Trautwein, entweder Sie machen Mineralfarbe, und das heißt Keim, oder Sie machen Dispersionsscheiße oder Acrylscheiße, das heißt Lascaux.« Und sie: »Nein, aber das sind so...« Verstehst, was über Wasserglas eigentlich funktioniert... Die Mineralfarben funktionieren..., als Binder nimmst ja Wasserglas her. Wobei nicht jedes Pigment dafür geeignet ist, genauso wie mit den Kalkfarben, das ist was Ähnliches, da reduziert sich die Bandbreite schon. Wenn Du diesen Zuschlag machst, kannst wieder alles machen..., das ist mir inzwischen völlig wurscht.
artemak: Ist das die Farb- bzw. die Pigmentpalette, die Du eigentlich suchst?
GF: Würde ich jetzt nicht sagen. Die Trautwein hat etliche Farben drunter, also, da ist ja die Corbusier-Palette, die hat sie ein bisschen erweitert, und diese ganzen Abmischungen gemacht, da wo ich sag, da können Sie wirklich Ihre Torte am Sonntag dekorieren damit. Also, das interessiert mich dann absolut nicht.
artemak: Ach so, ach so.
GF: Aber es gibt sehr schöne Corbusier-Töne. Und ich mein, das ist auch so ein Deal mit der, und ich sag: »Frau Trautwein, tun's mir einfach mehr Wasser rein in die Farbe, dass ich nicht umrühren muss. Sie können ja trotzdem nach Gewicht mir verkaufen, das ist mir völlig wurscht, aber tuns mehr Wasser, ich möcht nicht umrühren.« - »Ja, wenn Sie das so wollen, dann machen wir das.« Weißt, so einen großen Topf aufzurühren, Du wirst wahnsinnig.
artemak: Ja, ja, das ist mühselig. Hast Du die Ölfarben früher selbst angerieben oder immer fertige Tuben gekauft?
GF: Ich nehme fast ausschließlich Acrylfarben und ganz wenig Ölfarben, und ich hab sie nie angerieben.
artemak: Gut. Und Du hast auch keine Malmittel und Verdünner genommen bei der Ölfarbe?
GF: Doch. Irgendwas tut man doch da immer rein. Ich nehme immer das Falsche, das löst sich dann nicht gescheit auf.
artemak: Jetzt noch mal zur Acrylfarbe. Seit 1974 malst Du mit Acryl auf unterschiedlichen Bildträgern. Die Acrylfarbe scheint für Dich das favorisierte Malmedium zu sein. Weshalb verwendest Du vermehrt Acrylfarbe, und was gefällt Dir an diesem Farbsystem?
GF: Quadratisch, praktisch, gut. Nein, das ist einfach, das ist..., Du, ich mein,... ich weiß nicht wie es Dir geht jetzt, Elisabeth, aber hältst Du diese Lösungsmittel aus?
artemak: Ich verwende die ja nur in ganz kleinem Umfang.
GF: Ja, aber wenn Du jetzt einen Nachmittag mit Lösungsmittel arbeitest, dann bist Du geschafft.
artemak: Ja, klar. Ich würde das genauso...
GF: Wir haben ja heute ein anderes Bewusstsein auch.
artemak: Ja... Und ich fand es auch immer toll, dass es nach Terpentin riecht, und inzwischen kann ich's nicht mehr riechen.
GF: Und heut, verstehst, heut gilt diese Entschuldigung nicht mehr, früher hat man das gemacht, Terpentin rein, Kunstharz rein, Nitro rein, hab die Hände gewaschen mit Nitro - ah, super, das geht ja super weg. Und dann am nächsten Tag warst a bissel so matschig, und Du hast gesagt: »Oh, da hab ich wieder zu viel getrunken.« Zu wenig, verstehst, aber mehr Dampf und...
artemak: Dein Kollege Georg Baselitz ist ja vom Terpentin weggegangen und verwendet nur noch Shellsol, auch aus gesundheitlichen Gründen. Der hat also auch...
GF: Ja, gut, ich möcht jetzt aber nicht ..., also, ich mein, Entschuldigung, das ist jetzt... ich mein, wenn man mit den Knien Probleme hat, und sich dann beschwert, dass man auf dem Boden malen muss, dann soll er's halt hinstellen, die Bilder. Da hab ich nun kein Mitleid, muss ich ganz ehrlich sagen.
artemak: Du meinst von den aufsteigenden Dämpfen.
GF: Nein, also beides. Aber ich mein, der hat ja Knieprobleme und hat sich da dann auch mit diesen Knieschonern von diesem Fliesenleger filmen lassen... Dann soll er halt die Leinwand senkrecht malen... Du, schau mal, weshalb soll man ein Bild... Du, bin ich Kulissenmaler fürs Theater? Da hab ich nun wirklich kein Mitleid.
artemak: Hast Du verschiedene Acrylfarbenprodukte verwendet? Wenn ja, welche?
GF: Alles, was...
artemak: Du hast alles verwendet. Aber jetzt bist Du mehr bei den kt.Color-Farben?
GF: Du, das ist ja ..., ich mein, da möcht ich jetzt schon drauf eingehen. Das ist so ein bisschen, was ich vorher da bissel auch... lustig da drüber gesprochen hab, nicht mehr auf die Leiter und so, verstehst, nicht zu oft auf die Leiter. Und was ja auch teilweise ist, ist ja: Es spielt sich so ein und das Atelier hat sich jetzt relativ perfekt eingespielt. Das funktioniert, das läuft wie ein Uhrwerk... Musik ist anständig. Gut, ich hab immer noch dieselben sechs CDs da, und wenn ich dann ein bissel absaufe, dann sag ich der Ileana, sie soll was anderes auflegen, das mich ein bissel puscht. Das funktioniert ganz gut. Und genauso ist das, die Trautwein - ich mein, ich hab sie einmal im Fernsehen gesehen, das ist ja eine attraktive Frau. Und Brad Pitt hat sich auch schon das Wohnzimmer mit KT gestrichen. Nur, es interessiert mich auch nimmer so. Es ist einfach so, es hat sich eingespielt, man nimmt einfach das, was easy ist.
artemak: Verstanden.
GF: Also, das ist wirklich so eine... und da ich ja anscheinend das Punctum auch noch erfunden hab in der Malerei... das hilft mir auch noch die nächsten paar Jahre.
artemak: Welches Acrylfarbenprodukt hast Du bei Gazzetta dello Sport verwendet?
GF: Du, es gibt so... da haben die Staros eben auch so eine..., ich glaub im Nebenjob machen die so eine Brillantine oder Haarshampoos. So schauen zumindest die Produkte aus. Das ist so - ich weiß gar nicht, wie die heißen - so eine italienische... Apro, Apa Color, Acrylfarbe. Da hat man sich mal eingedeckt bis zum geht nicht mehr, und ich muss das mal - ich denk, die nächsten zehn Jahr muss ich das mal verpinseln, die Farben, die da rumstehen.
artemak: Sind sie gut für Dich?
GF: Ach, das schaut aus - also das gibt's so in Döschen, Plastikdöschen, und da gibt's eine Größe, das schaut aus wie ein Shampoo, so Shampoo-Format. Das find ich so was von ekelhaft. Und, da gibt's aber noch - also ich denk, so die nächsten fünf Jahre - hab ich das mal abgemalt. Und - Apa Color - das war über Bekannte von Staros, eine italienische Firma. Und sonst, Golden hat man mal verwendet. Da gab's so eine Geschichte wegen Farbtönen, da hat man bestimmte Farbtöne genommen und Golden beim Weber bestellt und sonst Katrin Trautwein, also, man mischte irgendwas hin und sagte: »Machen Sie das mal.« Und: Die macht alles. Es ist an sich ganz gut. Und ich mag die Stimme unheimlich gern - sexy.
artemak: Das ist ja schon mal was.
GF: Und unkompliziert. Ich sag der, was ich will, dann macht sie es.
artemak: Das ist ja praktisch.
GF: Ja.
artemak: Jetzt kommen wir zu Luftlack und Pigmenten auf durchsichtigem Polyester-Gewebe.
GF: Also, Luftlack, das ist eine Erfindung vom Herrn Weber. Und dieses Polyester-Gewebe, das ist halt, was der Polke da immer für diese..., Du weißt, welche Bilder, wie auch immer man dazu sagt, er verwendet ja auch diesen Luftlack. Und ich mein, niemand kann Dir erklären, was ein Luftlack ist. [»Luftlack ist ein mit Terpentinöl verdünnbarer transparenter Kunstharzlack der Firma Debus, Bonn.« Telefonische Mitteilung von Dirk Weber am 10.07.09. Anm. d. Red.]. Und das ist auch ein Schwachsinn. Außer, dass es teuer ist. Und das Ganze ist an sich entstanden durch... dass ich mal eine Ausstellung hatte in einem ehemaligen Jesuitenkloster [Sittener Jesuitenkirche. Die Kirche dient dem kantonalen Kunstmuseum Sitten seit 1985 als Ausstellungsraum für ortsbezogene Projekte. Anm. d. Red.], bevor die aus der Schweiz rausgeschmissen wurden. Und das ist eine leerstehende Kirche. Und die Jesuiten, die haben sie doch irgendwann mal da rausgeschmissen. Aus der Schweiz...
artemak: Das ist ja eigentlich interessant, aber ein anderes Kapitel.
GF:... da haben's die Jesuiten rausgeschmissen. Das ist ja wie Saddam Hussein-Propaganda. Und, jetzt pass auf: Und da war diese leerstehende Kirche und die hatte eben sechs so Fenster oben, mit so Rundbogenfenstern, das ist ja hoch... Und der hat mich zu einer Ausstellung eingeladen, da was zu machen. Und dann dachte ich: »Na ja, ich mein, das sind einfach glasklare Fenster. Jetzt machen wir Fenster noch mal davor.« Und ich wollte die so transluzid haben, weil der Polke hat das gemacht, sag ich: »Ruf den Weber an, direkt,« und ich mein: "Du lieferst doch dem Sigmar die Dinger... Ja, das ist Luftlack!" Dann sag ich: "Dann schick mir mal Luftlack und schick mir einmal Deine Gewebe", und das ist einfach ein Kunststoff-Gewebe... und dann hat man die..., weißt, wie die... es waren immer so zweigeteilte... [»Das Gewebe besteht aus 100% Polyester.« Telefonische Mitteilung von Dirk Weber am 10.07.09. Anm. d. Red.].
artemak: Ja.
GF:... und außen rum, was im Katalog falsch dargestellt ist, weil in der Installationsaufnahme schaut des natürlich, weil das Licht durchfällt, schaut der Rahmen natürlich dunkel aus... Die sind wie so Kirchenfenster - hoch, gebogen oben - und da das natürlich vor dem Fenster hängt, dacht ich, ich muss das natürlich umgehen, und hab außen rum eine weiße Bordüre gemalt, dass man diesen Scheiß Staro-Rahmen nicht sieht, den ich eh nicht sehen kann. Und dann ist innen einfach dieser Luft..., außen rum ist es mit Acryl gemalt. Da ist ein Rahmen gemalt, praktisch mit der Stärke von dem..., da ist ein Band gemalt in der Stärke vom Rahmen. Und innen sind die Fenster immer zweigeteilt, da eine Farbe, da eine Farbe. Und das sind einfach dieser Luftlack und einfach ein Pinsel, zwischendurch durch ein Pigment getaucht. Und dann gibt das auch so etwas Krisseliges. Und das sah dann wirklich aus wie Kirchenfenster, vor dem Herrn Richter... und besser.
artemak: Nicht so haltbar.
GF: Doch, aber... niemand will diese Fenster haben.
artemak: So, kommen wir zum Wachs. Bei dem Zyklus der Farbfelder taucht auch Wachs als Material auf. Hast Du hier Bienenwachs verwendet?
GF: Nein, das sind meistens diese..., na, wie heißt das... Möbelpolitur. Weißt, wo das Wachs in einem Lösungsmittel gelöst ist. Und das hab ich den Farben zugesetzt, und Du hast dann diese Lösungsmittel drin, und insofern kannst Du damit gut eine Ölfarbe verdünnen, zum Beispiel. Und Du hast dieses Samtige. Ich muss ja nicht wie Herr Brice Marden oder Jasper Johns die Zweiplatt-Herdplatte und Enkaustik machen.
artemak: Also, Du hast das...
GF: Clou, heißt die Firma
artemak: Ach, von Clou war das.
GF: Von Clou.
artemak: Und das hast Du in die Ölfarbe reingemischt?
GF: Ja. Damit kannst Du die Ölfarbe verdünnen, weil Du das Lösungsmittel drin hast.
artemak: Und kriegst nachher auch noch einen Oberflächencharakter.
GF: Samtig.
artemak: Jetzt zu den collagierten Zeitungen. Hast Du die Collagen für diesen Corpus selbst ausgeführt? Wenn nicht, wer dann?
GF: Also, wie jetzt? Also, jetzt kommen aber indiskrete Fragen!
artemak: Pardon.
GF: Nein, aber jetzt pass auf: Es ist, ich weiß auch nicht. Ich mein, jeder hat doch, ist doch früher nach Italien gefahren, wir sind doch alle nach Italien gefahren, weil's Essen besser war, und die Frauen waren auch besser... Und man hat immer am... Was gab es in Italien immer an den Bahnhöfen und Zeitungskiosks schönes?
artemak: Pin-up-Girls wahrscheinlich.
GF: Pornos - konnte man am Bahnhof kaufen, musstest nicht in Sexshop gehen, plus Gazzetta dello Sport. Das - und Bandiera rossa natürlich.
artemak: Alles, was Du brauchst.
GF: (Lacht) So war's. - Und, und dann kam ich da mal drauf, also irgendwie dacht ich, also diese Zeitung, das ist ein Klopapier. Ich mein, das ist wirklich das schlimmste Klopapier, das es gibt. Und das Papier, das geht, wenn Du das aufklebst, das geht nach allen Seiten. Und die Zeitung ist nicht gleich groß jeden Tag. Das geht immer so ein bissel hin und her. Und dann gab's eine Ausstellung mal, beim Salvatore Ala in Mailand - so fing das Ganze an. Und dann sagte der, der Johannes Gachnang hat mich dem vorgestellt, und da kamen die Alas... kamen von Amerika zurück und haben in Mailand diese Galerie eröffnet. Und er wusste, kannte sich aber mit der europäischen Kunst nicht mehr aus und hat dann den Johannes Gachnang gefragt, ob er da einen Künstler sagen kann, den er ausstellen soll. Da sagt der Johannes: »Du da kenn ich einen, das ist ein Freund von mir und den werd ich Dir vorstellen.« - Ala: »Ja. O.K.« Ja, und da wurde mir der Ala vorgestellt, und er machte die Ausstellung. »Das ist eine Eröffnungsausstellung in Mailand«, und: »Willst einen Katalog haben.« Da sag ich: »Wie, Katalog?... hab ich meterweise, Zeitung hab ich noch nicht. Bedingung ist: ich möcht ne Zeitung haben.« - »Ja«, haben die gesagt, »machen wir eine Zeitung. Wie viele Seiten?« - »Zwanzig Seiten ist das übliche.« - »Acht Seiten.« - »O.K., machen wir.« »Nur, aber ein kleines Hindernis: Ich möchte es wie Gazzetta dello Sport haben. Rosa« - »Ja gut, machen wir auch.« Erkundige mich, wer das druckt, auf demselben Papier - das musste dasselbe sein - und hinten drauf möcht ich eine ganzseitige Anzeige haben, von einer Modefirma. Und dann haben wir da - ach, wie hieß denn der, der ist inzwischen gestorben -... haben die wirklich eine Modefirma gefunden, die da eine ganzseitige Anzeige geschaltet hat. Und Tagespunkt war die Eröffnung. Und das Ganze kostenlos. Muss verteilt haben, tausende von Exemplaren. Der Gachnang immer bündelweise, in den Kneipen.... die beiden... (Lachen)... und hinten war die, war so eine mit M... irgendwas. Ich hatte mal so Krawatten von denen, ich mochte die Krawatten sehr gern... Hinten ist ein Model drauf, die hat einen Anzug an, so Georg Herold-mäßig, mit so Brettern droben aufgedruckt - super - also, das war damals meine Lieblingskrawattenfirma, weil die die witzigsten Krawatten auf der Welt hatten. Die waren echt klasse. Sonnenblumen ..., hatte ich immer, hab immer Krawatten gehabt, die hab ich immer dem Johannes geschenkt. Einmal angezogen, hier Johannes.
artemak: Die Bilder, die bei der Bärbel Grässlin in der Galerie ausgestellt waren...
GF: Die hab ich... ich komm jetzt zurück... Deswegen war das immer so ein bissel in meinem Hinterkopf drin, weil ich mag die Zeitung einfach, also eine Tageszeitung, und Du weißt das hoffentlich, also da in, in dem Einführungstext kann man lesen, das ist ja die auflagenstärkste Zeitung in Italien. Das ist nicht der Corriere della Sera oder sonst irgendwas, das ist Gazzetta dello Sport. Und dann hat man gesagt, o.k., kaufst mir eine Zeitung, hat man die gekauft, keine bestimmte Zeitung, hab ich halt einfach so gesagt, ich möcht halt einfach mal so was krudes haben. Und das Dumme ist einfach das Aufkleistern da auf Leinwand... Und, da hatte ich zum Beispiel immer den Addi Köpke so im Hinterkopf. Weil ich da mit dem Olaf Metzel auch einmal ein Projekt gemacht habe, mit so Stellwänden, ja. Und das wurde dann ja auch... da hab ich einfach so eine Zeitung. Und so hat sich das ergeben.
artemak: Und wer hat diese Zeitungen auf die Leinwände geklebt?
GF: Die Ileana.
artemak: Also, es wurde bei Dir in der Schweiz produziert?
GF: Ja, ja, klar.
artemak: Und Du hast es dann bemalt?
GF: Schaut so aus.
(Lachen)
artemak: Gut. Jetzt kommen wir zur Zusammenarbeit Günther Förg - Olaf Metzel. Also Günther, wir brauchen auf die Story, wie das entstanden ist, gar nicht mehr eingehen, sondern besprechen jetzt hier rein das Technische. Jetzt meine Frage: Neben den sehr informativen Prozessfotos im Katalog von Dir und Olaf Metzel, die bei der Entstehung von AOK 2002 aufgenommen wurden, wird beschrieben, dass Olaf Metzel die fünfeckigen Formen in Ölkreide gezeichnet hat und Du mit Acrylfarbe die Formen konturiert und teilweise übermalt hast. Weißt Du noch welches Ölkreideprodukt hierfür verwendet wurde?
GF: Ein amerikanischer Oilstick. Das Ganze, um es jetzt kurz zu sagen, war einfach so: Wir hatten ja beide unseren fünfzigjährigen Geburtstag, und die Frau vom Olaf, das ist ja auch eine alte Freundin von mir, die Luise Horn, jetzt Luise Metzel, die hat eben diese Fifty-Fifty-Ausstellung da organisiert. Und man ist da rangegangen, einfach inhaltlich ist man rangegangen, dass man ... also, wir hatten keine Idee, was wir machen sollten. Ich hab immer geschoben, und der Olaf hat dann irgendwann gedrängt, dann sind wir zusammen in die Schweiz gefahren und ich hab diese Stellwände vorbereiten lassen, plus diese Bilder.
artemak: Also die Tafeln.
GF: Die Tafeln. Und man hat das so ein bisschen aufgeteilt auch, also, was er macht - er hat praktisch die Texte ausgewählt aus diesen Zeitungen für die Tafeln, was skurrile Texte sind, ich mein, Du lachst Dich krank.
artemak: Ja, ich hab's gesehen.
GF: Und dann gab's noch die zweite Serie, und ich hab die aufgeklebt.
artemak: Du hast die mit Kleister aufgeklebt?
GF: Ja. Das riecht nach Farbe und nach Kleister - das ist Lohse-Maler-Meister... [Alter Werbe Spruch. Anm. d. Red.]. Das war wirklich schon sehr herzliches und freundschaftliches Zusammenarbeiten. Und dann hatten wir aber... ich war dann auch erschöpft, und er war auch erschöpft. Und es ging noch darum, diese Bilder da zu machen. Und die Bilder basieren an und für sich auf dem Ding, er hatte so ein Buch dabei über das Oktagon. Aus Italien, irgendwie so ein Buch. Und er hat dann angefangen, auf den grundierten Tafeln diese Oktagons aus seinem Buch nachzuzeichnen, und ich hab dann immer weggenommen, was mir nicht gefallen hat. Wobei ich die konsequenter... also diese Oktagon-Serie, besteht aus Stellwänden.
artemak: Sind die Vorzugsausgaben von AOK auch mit Metallfüßen versehen oder sind sie für die Wand gedacht?
GF: Nein, die sind für die Wand gedacht und waren auch so.
artemak: Weiter ist im Katalog zu dieser Arbeit zu lesen, dass Olaf Metzel mit der Schere die einzelnen Teile ausgeschnitten hat und Du sie mit Kleister auf den Tafeln verklebt hast. Wurden die Zeitungsausschnitte mit einfachem Kleister auf den Tafeln befestigt?
GF: Genau. Einfacher Kleister, und... wobei wir uns ja wirklich gekugelt haben.
artemak: Bestehen die Holztafeln aus Tischlerplatten?
GF: Ja. Und diese Metallständer dazu.
artemak: Genau. Habt ihr die Holztafeln oftmals zuschneiden und liefern lassen?
GF: Ja. Dann wurden die mit Farbe grundiert und mit meiner Grundierfarbe - das hat die Ileana dann gemacht -... ich hab die Farbtöne..., - es gibt, glaub ich, rot, grün und schwarz, oder? - Ich glaub ja, und die kommen an sich aus dem Addi Köpke -Oeuvre. Weil das ist, was uns auch verbindet ..., weil er schätzt den Addi Köpke sehr, und ich bin ein absoluter Addi Köpke -Fan.
artemak: Ich fand den auch immer toll, den Addi Köpke. Er ist absolut unterschätzt.
GF: Absolut. Also, ich mein, da wurde dann Rauschenberg hochgejubelt, und ich mein, was da geleistet wurde, ist ..., ich find nicht alle Fluxus-Leute ..., ich mag Fluxus gern, aber nicht alle haben denselben Stellenwert. Beuys hat zum Beispiel relativ, finde ich, wenig mit Fluxus zu tun.
artemak: Er war ja eigentlich nur am Anfang dabei.
GF: Ja.
artemak: Hattet ihr bei der Erarbeitung und Installation der Ausstellung Hilfe von Assistenten?
GF: Das waren Giorgio und Ileana, die haben halt mitgeholfen, und dann gab's noch den kleinen Hund, der auch mal durchs Bild läuft. Das war der Hund von Giorgio und Ileana. Titsi hieß der. Und der hat dann immer, weil... das Atelier, das sah danach immer aus wie ein Saustall. Olaf hat keine Ruhe gegeben. Der Ausstellungszeitpunkt... - kann ich das kurz sagen?
artemak: Ja bitte!
GF: Der Ausstellungszeitpunkt rückte näher, und dann hat er mich wirklich mal geschnappt und gesagt: »Jetzt kommst Du mal mit.« Und ich hab gesagt: »Ich hab keine Zeit.« Und er: »Ne, jetzt gehst nimmer aus«, und ist mit mir in die Schweiz gefahren. Und dann sind wir da oben angekommen und hab den Giorgio noch schnell angerufen, und dann wurden da diese Stellwände vorbereitet und auch die Bilder vorbereitet und... man wusste aber nicht, was man auf die Stellwände anbringen sollte, und ich sag: »Ich möchte eine Collage haben.« So in Köpkes Weise, einfach so skurrile Sachen. Und ich hatte im Vorfeld schon einen Zeitungsartikel in der Süddeutschen gefunden: »Frauen putzen besser«. Was ja erwiesen ist, und das bestärkt ja meine These, also der eine soll halt das machen und der andere soll das machen, was er besser kann. Also, und deswegen sollen Frauen putzen. Das war jetzt einfach nur durch ein wissenschaftliches Institut nachgewiesen, und das war natürlich auch der Artikel, den wir dabeihatten, und dann haben die einfach da... da war noch eine damalige Assistentin dabei, von mir, und da hab ich die einfach mal zum Zeitungskaufen geschickt. Und dann hatten die also wirklich stapelweise... Ich hatte denen 100 Franken gegeben, und dann kam der Olaf zurück und sagt: »Des macht 120 da.« Und dann hab ich noch 20 Franken gegeben und... ja o.k. Und dann hat man alles, was da an Skurrilitäten... und das ist ja an sich, worin wir leben, in unserer heutigen Welt. Dass die nicht mehr diese Ordnung hat, was von den Eltern gegeben ist oder von jemand anders gegeben ist, aber einfach, wir leben nicht mehr..., sondern das ist..., ich mein, viele, wie das »Explosiv« oder wie diese Sachen im Fernsehen heißen, die leben ja an sich von diesen skurrilen Sachen, was da passiert. Verstehst, wenn Du Dich von der Freundin trennst - o.k. Aber muss das jetzt unbedingt gleich im Fernsehen sein? Aber heute ist das halt, die müssen ja die 24 Stunden füllen, ja, und so ist das entstanden.
artemak: Besteht die Installation Doppelzimmer noch oder wurde sie nach dem Ausstellungsende aufgelöst?
GF: Wurde eingelagert. Weil man das natürlich behält, weil das ist die verfickte Gästematratze von Metzel-Horn oder Metzel-Luise Horn, und die existiert noch, die ist bei mir im Lager.
artemak: Kann die Installation Doppelzimmer von Ort zu Ort unterschiedlich aufgebaut werden?
GF: Sicher. Filzläuse eingeschlossen.
artemak: Auf Deine plastische Arbeit Ramadama, die auch in dieser Ausstellung gezeigt wurde, kommen wir später bei den Fragen zu Skulpturen zurück.
GF: Ramadama - das ist ein Teil der Ausstellung mit Olaf... man hat Sachen zusammen gemacht, und fünfzig-fünfzig bezieht sich auf die Stelle, also diese AOK - Doppel AOK, also der Titel wurde vom Olaf gemacht. Diese Matratze da, mit diesem Weinregal, mit diesem verschmorten Weinregal vorne, ist eine Arbeit vom Olaf. Von mir stammt nur die Decke. Wenn man da jetzt vögeln will, dass man sich zudecken kann, und da hab ich mal eine Decke gemacht für das Kunsthaus Bregenz. [Eine Auflage von 500, bestehend aus einer Decke aus reiner Baumwolle, in Atlasbindung gewebt. Anm. d. Red.].
artemak: Ich kenn die, ja.
GF: Dieses Ramadama, das ist eine reine Arbeit vom Olaf - ich hab eine reine Arbeit mit diesen Skulpturenfragmenten gemacht.
artemak: Jetzt kommen wir zu den farbigen Räumen, zu den Wandmalereien. In den Angaben zu Material und Technik von 1986 finden sich folgende unterschiedliche Angaben: Dispersion, Binderfarbe, Tempera, Fassadenfarbe. Verstehst Du unter den Begriffen Dispersion, Binderfarbe und Fassadenfarbe dasselbe?
GF: Nein, das ist einfach ..., ich habe so einen Codex, einen Materialcodex, dass für mich an sich..., ich hab da mein Haus auch in Keim-Farben streichen lassen. Ich mein, ich atme ja nicht durch die Wände, aber ich möcht auch nicht im Aquarium leben oder in der Sauna. Und das ist einfach ..., ich versuch immer den höchst möglichen Standard, aber im Prinzip geht's um temporäre Geschichten. Das hat etwas mit Pragmatismus zu tun.
artemak: Es handelt sich wahrscheinlich bei allen um Kunstharzfarben, oder?
GF: Ja.
artemak: Bei der Wandmalerei in der Stuttgarter Galerie Achim Kubinski von 1986 wird Tempera als Farbe angegeben.
GF: Ja, ja.
artemak: Welche Art von Tempera hast Du hier verwendet?
GF: Das war die Plakat-Tempera von der Firma - wie heißt die Firma in Deutschland? Weißt schon, die da diese schönen...
artemak: Pelikan.
GF: Pelikan. Und das war einfach ..., ich hatte da so ein für »Europa '79«, für den Hetzler - der Hetzler und die Ursula Schurr und der Hansi Müller haben das ja organisiert, und der Thomas Grässlin war auch mit dabei. Und da habe ich einfach diese Tempera... Ich mein - wenn wir Sniffer sind ..., was ich wirklich gern sniff, ist wirklich Pelikan-Tempera-Farbe. Das hat so einen schönen Geruch.
artemak: Die Plaka-Farbe.
GF: Die Plaka-Farbe.
artemak: Ja, die hat wirklich einen speziellen Geruch.
GF: Und die hat man, also diese, diese Tempera, und das ist ja eine Tempera - das ist eine Plaka-Tempera - die hat eben genau die Töne gehabt, die ich wollte, und darum hab ich sie benützt.
artemak: Die haben auch eine schöne Oberfläche.
GF: Absolut! Die sind seidig und es schmatzt. Du, wenn das im Pinsel hast, ich mein, Du legst Dich nieder und denkst: »Ach, dieses Schöne, muss es auf die Wand.«
artemak: Ja, und die flutscht dann so vom Pinsel.
GF: Schön, schön.
artemak: Wann hast Du angefangen, Acrylfarben für Deine Wandmalereien zu verwenden?
GF: Das hatte ein bisschen was mit der Organisation zu tun, dass auch viele Sachen im Ausland stattfanden, und da dann Wandmalereien gemacht werden mussten. Und man hat denen dann Muster geschickt, einfach, verstehst, und hat's denen dann überlassen. Es gab damals noch nicht so dieses... und es gab auch nicht das Geld. Ich mein, Erich, das ist eine Frage auch vom Geld, dass man jetzt sagt, man lässt jetzt von der Trautwein die Farben mischen. Heute ist das kein Problem, lass ich von der Trautwein die Farben mischen und mir hinschicken, weil die Galerien genügend Geld haben, um das zu bezahlen. Damals war das wirklich eine finanzielle Geschichte, und da haben die das vor Ort halt vom Farbsystem von... Ducolux oder sonst irgendwie gemacht, was halt dann da war.
artemak: Gaben ästhetische und/oder geringere Empfindlichkeiten der Oberflächen den Ausschlag dafür, Acrylfarben zu benutzen?
GF: Nein, das hat auch einfach mit was Temporärem zu tun.
artemak: Seit wann und weshalb verwendest Du für die Wandmalerei Acrylfarbenprodukte von kt.Color?
GF: Da war ich mal in diesem - ich mein, das muss man auch, falls Du das ins Netz stellst, muss man auch sagen -, ich mein, es gibt ja kein scheußlicheres Museum als das von Beyeler. Ich mein, das ist ja nun wirklich das grauenvollste Museum, was ich kenne. Und den Renzo Piano - ich meine, alle gehen in die Knie vorm Renzo Piano - und der hat an sich sehr schöne Sachen gemacht.
artemak: Ja.
GF:... wobei er für den besten Teil nichts kann. Das ist diese Kleinfamilienhaussiedlung ringsum, was die alle gekauft haben, und alle in derselben Farbe gestrichen.
artemak: Im gleichen Grau und Weiß.
GF: Genau. Und der Renzo Piano, das was er für Beyeler gemacht hat, ist also diese Kopie von meinem Lieblingsmuseum. Und das ist nun explizit mein Lieblingsmuseum, das in, in ...
artemak: Houston, die De Menil Collection?
GF: Nein, ist auch in Texas, aber ist in ..., und das ist das letzte Gebäude vom..., das kommt noch, das fällt mir noch ein.
artemak: Also, Du sprichst jetzt nicht vom De Menil-Museum?
GF: Das De Menil-Museum? Nein, ich spreche nicht vom De Menil-Museum. Und ..., aber was er für den Beyeler gemacht hat, ist eine Kopie von diesem Super-Architekten, amerikanischen Architekten, und es gibt eben dieses eine Museum, und das ist mein Lieblingsmuseum. Und das ist in Texas, Fort Worth. Und das ist wirklich das schönste. Und die haben die beste Sammlung, die es gibt. Hundert Bilder, aber das Beste. Ich mein, ein Falschspieler - von wem ist das? - Georges de la Tour, Der Falschspieler, und das hört, Gott sei Dank, das hab ich neulich schon wieder gehört, dass die noch über den Impressionismus hinaus auch noch sammeln. Es ist ekelhaft. Es beginnt mit Piero della Francesca und hat immer bei Renoir aufgehört. Und das Ganze auf Travertin gehängt. Aber ich mein, man musste sich nicht mit diesem ganzen Scheißdreck von den Jahrhunderten plagen, sondern es waren nur hundert Bilder ausgestellt. Ja? Und, die haben natürlich mehr, die haben auch afrikanische Kunst, chinesische Kunst. Und das ist aber, wie heißt der Architekt - fällt mir noch ein - und das ist mein Lieblingsmuseum, und danach hat... Die De Menil-Collection ist schon ein bisschen die Kopie davon, ja?! Von diesem Louis I. Kahn. Das letzte Gebäude von Louis I. Kahn. Und das Museum heißt Kimbell Art Museum. Und das ist wirklich nun das! Es gibt mehrere Museen. Ich denke, dass die Orangerie von der Kunsthalle Karlsruhe..., nicht über den langen Zeitraum, aber die hat eine vergleichbare..., das ist eine überschaubare Sammlung. Ich mein, geh in die Orangerie in Karlsruhe, das ist das Beste - da kannst Du das Museum Ludwig in der Pfeife rauchen. Ich mein, kannst Du Dir mehr als hundert Bilder merken? Eh nicht.
artemak: Nein, geht nicht.
GF: Und die haben das. Und das Kimbell Art Museum, das ist ein Museum, das in den Sechzigern aufgebaut wurde, und das war das letzte Gebäude von Louis I. Kahn, und ich mein, da scheint heftig die Sonne. Und er hat das Oberlicht, was ja dann der Renzo Piano für De Menil kopiert hat und nachher wieder für Beyeler..., und es gibt Travertin, auf dem die Bilder hängen, und, glaub mir das, ich mein, ich kenn kein gutes Museum... man muss sich mal beschränken, verstehst und sagen, aber mit Monet ist jetzt mal wirklich Schluss. Ja?!
artemak: Wobei die Lichtsituation in der De Menil Collection in Houston besser ist als in Basel.
GF: Ja natürlich! Weil's die Kopie ist! Und ich mein, Entschuldigung, das muss auch rein, ich hab nichts gegen Architekten, ich hab mit hunderten - mit hunderten nicht, aber mit wirklich wichtigen Architekten zusammengearbeitet, über Kunst am Bau-Geschichten und etc., aber - ich meine, Renzo Piano ist ein fantastischer Architekt. Er hat es nicht hingebracht... ach, der hat auch die De Menil Collection, Renzo Piano hat auch De Menil gemacht.
artemak: Er hat auch das De Menil Museum entworfen.
GF: Der hat es aber nicht hingebracht, diese Aura zu schaffen, die der Louis I. Kahn erreicht hat. Und ich mein, das hängt ja auch mit der Sammlung zusammen. Was die De Menil, die alte De Menil gesammelt hat, also diesen Surrealisten-Quatsch da, plus die Negerskulpturen, ich mein, das ist ja auch nicht politisch korrekt: Wenn die Negerskulpturen dann im Atrium stehen mit den Yucca-Palmen. Das ist ja auch nicht ganz..., ich mein: Neger auf die Palme, Affen an die Leinwand. Ich mein, so ist das. Ich mein, so hast Du Dir das auch noch nie überlegt.
artemak: Nein.
GF: Neger auf die Palme, Affen an die Leinwand. Und so schaut ja die Kunst auch aus. Und natürlich, wenn Du die Kopie von der Kopie von der Kopie machst. Und beim Beyeler-Museum kommst Du rein und A) musst Du diesen hohen Eintritt bezahlen und dann weißt: Am Ende, da sind die Klos. Ich mein, das kann's ja nicht sein. Dieser lange Gang, wo Du reingehest und Du weißt, erst kommt - den Shop haben sie ja irgendwann mal rausgenommen und haben dann noch dieses kleine Gebäude vorne hingemacht - ... zahlst, gehst rein, mit Deinem Ticket, und dann ist das wie so ein Schlauch. Hinten wird es dann modern, dass man die Kunstgeschichte dahat, und Du weißt, davor kommt noch der Buchshop und der Museumsshop, und Du weißt, da hinten, am Ende, ist das Klo. Und die andere Geschichte, was Piano gestohlen hat, ist einfach dieses Wunderbare am Louisiana Museum ..., von diesem Park, wo jetzt Beyeler diese Seerosen-Bilder und dann mit Giacometti - also ich mein, Entschuldigung, stehst Du im Teich, außen diesen Seerosen-Kitsch, und das ist ja alles geklaut vom Louisiana Museum, diesem berühmten Saal. Also ich mein, ich denke, dass Schweizer Spießigkeit ... ja nun, die können uns zwar Vorhaltungen wegen Kriegen und wegen Hitler machen, und zu Recht. Inzwischen hat sich das auch ein bisschen revidiert, und das ist einfach: Ich finde das Scheiße! Und zwar richtig Scheiße! Es ist nicht mal Gut-Disneyland. Und ich mein, Louisiana ist zumindest Minigolf.
artemak: Und welches ist dann richtiges Golf?
GF: Nein, also wie gesagt, mein Lieblingsmuseum ist das in Amerika.
artemak: In Fort Worth.
GF: In Fort Worth das Kimbell Art Museum. Das ist wirklich mein Lieblingsmuseum. Da geh' ich in die Knie und bete das an.
artemak: Günther, noch mal zurück zu den Wandmalereien. Werden die Wandmalereien immer mit Pinsel oder Bürsten angelegt oder werden auch Farbroller eingesetzt?
GF: Bürste.
artemak: Farbroller hast Du nie verwendet?
GF: Na ja, außer, dass ich nicht zugeschaut hab, und dann haben die das wahrscheinlich gemacht. Aber das ist für manche Dinge, wenn es deckend ist, industriell, und auch das Gebäude industriell ist, dann kann man auch...
artemak:... dann kann man auch Farbroller nehmen.
GF: Why not.
artemak: O.K. Zu den Spiegelarbeiten. Bevorzugst Du eine bestimmte Materialqualität für diese?
GF: Die sind einfach vom Glaser.
artemak: Firniss. Hast Du jemals Firnisse oder andere Überzüge auf die Malereien aufgebracht?
GF: Nein.
artemak: Pinsel und Malwerkzeuge. Eine generelle Frage zu Deinen Malwerkzeugen: Welche Art und Größen von Pinseln und Bürsten verwendest Du für Deine Malereien?
GF: An sich große. Und jetzt für die Ölgeschichten hab ich eher kleinere Pinsel. Und da kommt mir einfach das zugute, dass ich einfach weiß, wie ich früher als Anstreicher Fenster lackieren musste oder Türen. Das ist einfach so eine Materialaffinität, was ich dahabe.
artemak: Deine Finger und Hände sind in Deinen Skulpturen ein wichtiges Werkzeug. Trifft dies auch auf Deine Gemälde zu?
GF: Nein. Weil Gemälde ..., geht wirklich aus dem Oberarmgelenk heraus. Damit hat das was zu tun. Es hat aber genauso bei den Skulpturen etwas zu tun. Verstehst, ich bin kein Riese und verstell mich nicht als Riese.
artemak: Mit den Fingern arbeitest Du weniger bei den Gemälden? Oder überhaupt nicht?
GF: Du, wenn ich da manchmal Sentimentalität reinbringe, aber... Also, was willst Du noch wissen?
artemak: Hast Du auch mit Spritzpistolen gearbeitet?
GF: Nein.
artemak: Zur Zeichenkohle. Verwendest Du als Zeichenkohle ein spezielles Produkt?
GF: Es gibt ein paar, aber wirklich sehr ausnahmsweise habe ich einfach mal Zeichenkohle verwendet. Aber an und für sich, weil ich keine Unterzeichnung mache, deswegen brauche ich das auch nicht.
artemak: Für Deine graphische Arbeit gebrauchst Du sie auch nicht?
GF: Nein.
artemak: Zu Keilrahmen. Seit wann verwendest Du Starotech-Rahmen statt Keilrahmen? [Starotech-Rahmen-Spannrahmen bestehen aus Aluminium und wurden von Giorgio Staro erfunden. Anm. d. Red.].
GF: Als ich in die Schweiz zog, gab es einfach das Problem, ich musste mich ja neu organisieren, ich musste meine ganzen Materialien neu organisieren. Und ich hatte früher übrigens auch nicht auf Keilrahmen gearbeitet, außer an der Akademie, zur Akademiezeit. Und danach hab ich ja die Fotos gemacht, hauptsächlich, und irgendwann hab ich dann wieder mit den Bleibildern angefangen, Anfang der achtziger Jahre, und dann, verstehst, hab ich wieder angefangen, und dann fiel mir diese Adresse ein über die Luise Metzel, die ja eine Restauratorin ist, damals war, und die hat mir eben diesen Typen genannt. Und dann bin ich da Ende der achtziger Jahre wieder auf den gefallen und der lebt ja, die leben ja in der Schweiz, und da bin ich halt da auch eingestiegen.
artemak: Wann bist Du in die Schweiz, Günther?
GF: '88.
artemak: Welche Vorteile siehst Du in der Verwendung von Starotech-Rahmen gegenüber Keilrahmen?
GF: Freundschaftlich... Ich mein, diese ganze Technik-Scheiße interessiert mich nicht. Ich denke, dass der Giorgio da eine Erfindung gemacht hat, die wirklich grandios ist. Aber dass es natürlich ein bissel kontraproduktiv zum Kunstbild ist, das ist auch klar.
artemak: Wenn man so ein Bild umdreht und sieht so einen Aluminiumrahmen.
GF: Ah, furchtbar!
artemak: Das sieht grauenhaft aus, nicht?
GF: Es sieht grauenhaft aus. Und ich mein, der hat mir sicher fünfzig Prozent vom Umsatz gekostet.
artemak: Aber sie sind auch gut.
GF: Absolut. Absolut, das ist gut und... Wobei ich zum Produkt eine joviale... Beziehung habe.
artemak: Jetzt generell zu den Rahmen. Über die Rahmen der KT-Silberbilder schreibt der Verfasser des Artikels in der FAZ: »Klug hat Günther Förg sie auf einige Zentimeter breitere Holzrahmen gesetzt. So kann kein Rahmen den Farben zu nahetreten, sie sind ganz flach auf der Wand aufgesockelt.« Diese Form der Rahmung verwendest Du oft, oder?
GF: Nein, einfach, dass … ich mach die Rahmen nicht zu dick. Also einfach um dieses..., ich mein, was bringt man den Studenten bei: Ein Bild ist ein Bild, und das ist zweidimensional. Und es darf nicht zu dick sein. Es muss eine bestimmte..., es darf auch kein Stück Papier sein oder es darf nicht vor der Wand flattern. Was ich in diesen abgeschrägten Holzbildern - die waren ja auch selber, das Holz war auch noch auf 45 Grad gefräst.
artemak: Nach hinten?
GF: Ja. Und dann habe ich das mal thematisiert, aber das ist ja alles auch blöde so. Und, ich mein, die schreiben da, und wer hat denn das geschrieben... Ist ja auch wurscht, das interessiert mich nicht.
artemak: Einige der Gemäldeserien sind gerahmt, andere nicht. Warum?
GF: Es gab einfach mal so eine... ich finde inzwischen einen Rahmen, einen bürgerlichen Rahmen rum, an sich ganz... Das hat damit zu tun: Wenn ein Bild nicht bis zum Rand gemalt wird, finde ich es an sich ganz schön, wenn ein Rahmen rum ist oder eine Schattenleiste. Einfach deswegen, dass es nicht zur Wand rüber flutscht. Wenn das Bild bis zum Rand gemalt ist, sehe ich das gern ungerahmt, weil es sich einfach gegenüber der Wand behaupten kann. Das ist einfach so. Ist klar?
artemak: Ja! - Bei einigen der Holztafeln sind die Bildkanten nach hinten abgefast. Weshalb?
GF: Ja, das war halt mal so, dass man das wie ein Papier machte, wie ein Aquarell.
artemak: Siehst Du Deine Gemälde gerne unter Glas gerahmt?
GF: Erich - ich sehe manchmal Bilder auch gern wieder. Und wenn ich die sehe, freue ich mich drüber. Und denk, Menschenskinder, zumindest zur damaligen Zeit hat das gehalten. Ich mein, ich halte das für pubertär, in einer aktuellen Produktion gleich in eine Museumskategorie rein zu wollen - das interessiert mich an sich nicht. Ich spekuliere da nicht, es gibt allerdings kleinere Arbeiten, die man halt einfach ..., das hab ich auch gemacht, die gleich unter Glas gerahmt wurden und: Das ist o.k. Einfach als Schutz.
artemak: Es stört Dich nicht, wenn es unter Glas gerahmt ist?
GF: Ach, mir ist das völlig wurscht.
artemak: Viele Gemälde verlassen Dein Atelier ungerahmt, das heißt, Du hast nicht immer Einfluss auf die Art der Rahmung. Bei welchen Werken von Dir akzeptierst Du eine Rahmung, und wie würde die Deiner Vorstellung nach aussehen sollen?
GF: Ich mein, prinzipiell bin ich der Meinung, dass man alles killen kann. Auch ein Bild kann man killen über die Rahmung. Aber ich weiß auch, was Besitzverhältnisse sind. Und wenn die Leute das bezahlt haben, dann sollen sie es... Ich mein, es gibt eine ideale Geschichte und es gibt eine nicht ideale. Aber ich hab da keine Probleme.
artemak: Welche Glasqualitäten bevorzugst Du für die eingerahmten Arbeiten?
GF: Ja, dass das Bild nicht ins Grün kippt.
artemak: Ein Weißglas?
GF: Weißglas. Aber ich mein, wenn die Leute das aber lieber in Grün haben wollen, dann sollen sie es in Grün rahmen.
(Lachen)
Die sollen eine gelbe Sonnenbrille aufsetzen und... Ja, nein, es war aber nicht bös gemeint, verstehst.
artemak: Ich versteh es vollkommen. Zu den Signaturen. Signierst Du immer Deine Gemälde?
GF: Nein.
artemak: Warum nicht?
GF: Ich habe mich lange geweigert, überhaupt die Bilder zu signieren. Also wenn, dann habe ich sie rückseitig signiert. Was ich zum Teil auch in der Akademie... Ich mein, da kommst Du in ein Institut rein, und dann zwingt Dich jemand dazu, einen Endpunkt zu erreichen, und den konnte ich nicht erreichen. Also, diese ganzen Akademiebilder wurden später signiert. Und heute, ich mein, es gibt diese ganze Geschichte der abstrakten Kunst mit der amerikanischen Kunst, und Barnett Newman hat zum Beispiel immer signiert. Aber das ist ja genau der Knackpunkt zwischen dem einen und dem anderen. Aber ich mein, so ein Stella -Bild, ja, also, da kommt Dir so ein Monster entgegen, diese Science-Fiction, kommt Dir da entgegen, dann möchtest Du da doch nicht noch Frank Stella lesen. Und das ist so ein hin und her. Inzwischen..., verstehst, ich bewege mich auf eine konservative Malerei zu. Und das war zum Beispiel auch das, was Baselitz gesagt hat, wo er mich zitiert hat, da erinnere ich mich jetzt dran, dass ich gesagt hab: »Ich bin ein Konservativer.« Wo das absolut nicht en vogue war, zu sagen, ich sei ein Konservativer. Also auch ein junger Künstler sagt, ich wäre ein Konservativer. Und darum ging's mir. Und außerdem weiß ich dann beim Ekta und inzwischen beim Digitalen natürlich, was oben und unten ist. Was ich bei den Bleibildern nicht weiß, de facto nicht weiß. Und insofern hilft mir das auch. Und - ich mein, der Punkt, weshalb eine Signatur draufkommt, wenn es auch eine Jahreszahl ist, ist einfach, man zeigt den Leuten, es ist beendet. Das ist es!
artemak: Also, bei Deinen letzten Gemälden...
GF: Ich kann Dir ja auch einen Scheck ausschreiben, und ich schreib keine Jahreszahl drauf, dann wirst Du aber viel Freude damit haben.
artemak: O.K.
GF: Und: Die Signatur ist ein Teil von dem Ganzen. Was wirklich sehr, sehr wichtig ist. Ein Bild... Wir standen oft im Atelier, und die Assistentin, die Ileana, und ich, wir standen oft..., und ich sag: »Ileana, ist das fertig?« Und da sagt sie: »Umpf.« Da sag ich: »Pass auf, ich signier es jetzt und damit stimmst.« Und es stimmte dann. Die Signatur ist wirklich ein Teil von der Komposition.
artemak: Und wenn Du das Bild signiert hast, dann ist es für Dich abgeschlossen?
GF: Im Gegensatz zu Picasso, im Gegensatz zu Picasso und zu Baselitz. Und es ist auch nie in Bleistift gemacht... also der Baselitz ... oft ganz zart oben »Baselitz, Baselitz«, also mit dieser Zitterschrift »Baselitz«, so und so viel Jahr... Bei Picasso ist es sehr prägnant. Ich mein, das sind jetzt wieder ..., wo eine Signatur so auseinander springt... dazwischen bewegt man sich.
artemak: Und Du signierst immer mit Farbe, also mit Pinsel und Farbe?
GF: Ja, ja, nein, das ist manchmal ein bissel Farbe, aber das ist inzwischen mit Ölkreide. Das gibt es ja auch mit Bleistift signiert, aber das ist mir relativ wurscht.
artemak: O.K. Ja, vielen Dank, Günther.
GF: Ich dank Dir, Erich.