Interview mit Gabi Dziuba zur Arbeit „20 Masken“ aus dem Jahr 2006

Projekt/Anlassartemak / Informationen zu Materialien und Techniken der Arbeit „20 Masken“, 2006
Interview mit          Gabi Dziuba (GD)
Geführt von       Erich Gantzert-Castrillo (EGC)
Ortartemak-Büro München
Datum08.05. 2008
TranskriptBirgitta Heil
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Techniken

Guss Patinierung Skulptur & Plastik Wachsausschmelzverfahren Zeichnung

Materialien

Silber Teakholz Teaköl

EGC: Gabi, neben Deiner Arbeit als Goldschmiedin entstand 2006 neben Deinem Buch »Schmuck« eine Edition von zwanzig Masken in Zusammenarbeit mit Günther Förg. Guss in verlorener Form aus Silber 925/000, montiert auf 17 cm hohen Teakholzsockel, signiert und nummeriert. Jede Maske ist ein Unikat. Soweit die Beschreibung zu der Arbeit.

GD: Ja.

EGC: Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Günther Förg?

GD: Ja, wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Günther Förg? Ich habe den Günther gefragt. Ich hatte noch nie ein Buch gemacht. Also,... ich muss jetzt vielleicht ein bisschen ausholen, und Günthers Kataloge fand ich immer schon klasse. Also, den ersten, den er noch mit dem Kunstraum München gemacht hat... Und fand es eigentlich immer gut, wie großzügig er mit diesen ganzen Dingen umgeht, und dann war dieses Projekt eben geboren, er hat mir den Andreas Balze, vom Verlag Snoeck vermittelt, und es fehlte natürlich alles an Geld. Das Konzept für die Gestaltung hat der Heimo Zobernig gemacht. Ich wollt auch was Besonderes machen. Wenn ich dann schon was machen muss, soll das einfach auch klasse sein. Und dann hab ich noch mal hin und her überlegt, da saßen wir dann beim Günther daheim, ja und ob wir vielleicht zusammen mal eine Schmuck-Editon machen können und einfach so durch diese ganze lange Freundschaft, ich mein der Günther hat mich fotografiert, und ich bewundere seine Arbeit, seine Wandmalereien (Siehe unter Günther Förg Interview auf dieser Website. Anm. d. Red.) ich hab ja auch schon früher von ihm mal ein Portrait von mir haben wollen, damit fing das ja auch ein bisschen an, mit diesen Portraits und dann kam der Günther eigentlich auf die Idee, ob wir nicht so kleine Köpfe machen könnten. Verschiedene. Aus diesem Wachs, und dass man das mal in Silbergießt statt in Bronze. Auch dass da so eine Verbindung zwischen der Größe von den Goldschmieden besteht, die normalerweise ja immer kleiner arbeiten, und dann eben dieses Material, statt Bronze Silber zu nehmen. Und das ist ja dann auch ganz schön so vom Gewicht her, und mehr oder weniger war das so zwischen Kaffeetrinken und einem Gespräch.

EGC: Und er hat die Größe dann auch so festgelegt jetzt?

GD: Er hat die Größe so festgelegt ja.

EGC: Ok.

GD: Weil es auch vom Gewicht des Silbers her gar nicht anders gegangen wäre, vom Silber. Ich mein, die wiegen ja zum Teil über 500 Gramm.

EGC: Wie sah die Arbeitsteilung aus? Er hat Dir das Modell geliefert, oder habt Ihr das alles zusammen gemacht?

GD: Wir haben das zusammen gemacht. Also, es gab dann dieses Wachs, und dann haben wir geformt.

EGC: Was für ein Wachs war das gewesen?

GD: Das ist blau, weiß nicht, ganz normales. So ein Gusswachs. Da gibt’s weichere und härtere. Also, über solche Dinge hab ich mich..., das wird leichter weich und lässt sich leichter verarbeiten. Und war dann eben auch toll zu beobachten, wie der Günther da schnell wieder so ein Gebilde entstehen ließ. Großzügig halt, wie er ist, und ich hab da auch immer so ein bisschen mitgeformt, da und dort.

EGC: Also ihr habt schon beide an den Sachen gearbeitet?

GD: Ja.

EGC: Also die Modelle bestanden aus einem speziellen Wachs?

GD: Ja.

EGC: Wie wurde die Gussform erstellt, und aus welchem Material? Wie ging’s da weiter?

GD: Die Gussform, die gibt’s in dem Sinn eigentlich gar nicht; deswegen heißt das auch verlorene Form. Das wird dann eingegipst, und das mach ich dann nicht, das kommt dann zu einem Schmuckgießer.

EGC: Ah, und wo war der? Hier in München?

GD: Der Gießerist in München, ja. Das hab ich dann alles übernommen. Es war erstmal das Problem, wie kann man die überhaupt befestigen, diese Köpfchen. Also, es waren manche eher maskenhaft, manche sind ja voll, manche sind schwerer, manche leichter, ohne dass man das jetzt auch dran lötet. Also, das waren dann technische Probleme. Und ja, dann haben wir zum Teil schon an das Wachs auch solche Ösen drangemacht.

EGC: Auf der Rückseite?

GD: Auf der Rückseite, genau. Und dann wurden die auch mitgegossen; und eben die Stäbe, wie schaut das aus zu Silber man kann ja da nicht einen gezogenen glatten Draht dazu nehmen, die Stäbe, die wurden auch gegossen. Und dann hat man es praktisch so reingestaucht, reingeklopft.

EGC: Ich hab gesehen die Stäbe haben die Form von einem Nagel. Habt ihr da einen Nagel als Grundform genommen?

GD: Nein, haben wir nicht. Nein, das war dann eigentlich ein ganz normaler Draht, den ich gezogen habe, ein Silberdraht, ein dickerer, der von den Proportionen her gepasst hat.

EGC: Also, der Stab zwischen Maske und Sockel?

GD: Ja, das ist auch gegossen.

EGC: Musste der Rohguss noch von Dir nachgearbeitet werden?

GD: Das war dann ebenso, am Anfang hab ich die gleich mal munter abgekocht und geglüht; also, da ist ja diese schwarze Gusshaut, und dann aber so nach den ersten, zweiten, weil ich das auch so gewohnt war als Goldschmiedin nimmt man natürlich den Guss, beizt den ab, damit er weiß wird, damit man sieht dass es Silber ist. Die Leute, die wollen das ja auch haben. In Blau sahen sie auch toll aus im Wachs. Das ist ja dann auch der Unterschied, im Silber, in diesem anderen Materialzustand haben sie irgendwie einen anderen Ausdruck. Und wenn sie dann schwarz daliegen, hab ich mir gedacht, Mensch, eigentlich schaut das Schwarz total schön aus, und dann lässt man die Gusshaut einfach und bearbeitet es nicht. Dann hab ich mir halt ausgesucht, welche schöner in Schwarz sind und welche schöner silberfarben.

EGC: Wenn sie aus der Gussform rauskommen, sind sie schwarz?

GD: Ja, das ist halt die Gusshaut.

EGC: Da kommen wir schon zu meiner nächsten Frage. Einige Masken unterscheiden sich in der Farbe. Wie entstanden diese Unterschiede? Das ist genau das, was Du gerade erklärt hast?

GD: Das ist genau der Punkt. Wir haben ja das nicht alles auf einmal gießen können, und das ist auch nicht so leicht, das dann zu gießen, weil man eine große Küvette braucht, dass der Guss auch schön rauskommt.

EGC: Eine Küvette, das heißt was?

GD: Die Küvette ist die Form, in welche der Gips rein gegossen wird.

EGC: Das heißt, das Wachsmodellwird mit Gips ummantelt!

GD: Genau.

EGC: Ganz?

GD: Genau. Mit einem Eingusskanal.

EGC: Mit einem einzigen?

GD: Ja, oder je nachdem wie der Gießer denkt. Je größer der Kopf ist, desto mehr Eingusskanäle hat man. Bei so einer Form, wenn das nicht richtig ausgegossen wird, da kommt’s nicht darauf an, dass da viele poröse Stellen sind, aber... was wollt ich jetzt sagen? Ja eben, da sind diese Eingusskanäle, und die werden auch aus Wachs gelegt, dann wird es in Gipseingegossen, dann in diese Küvette, also praktisch muss man es sich vorstellen wie so eine Erbsendose, dass man halt eine Form erhält.

EGC: Und aus was besteht die Küvette?

GD: Die Küvette besteht aus Stahl.

EGC: Ach so.

GD: Er wird ja dann ausgetrocknet, der ganze Gips, der kommt dann mit der Küvette in einen Ofen, da wird das alles ausgetrocknet, und hinterher wird dann das Wachs heraus geschmolzen, praktisch durch Wärme, dann wird in diese Gipsform das Silber rein gegossen.

EGC: Also, das Wachs wird durch die Wärme ausgeschmolzen, es ist nicht so, dass praktisch das Silber, das eingegossen wird, das Wachs verdrängt?

GD: Nein, das wird vorher rausgeschmolzen. Das kommt dann eine Nacht lang in einen Ofen, wo alles ausgeschmolzen wird, langsam, dass auch der Gips, der muss ja dann auch, der darf ja nicht zerbrechen und nicht kaputtgehen, und dann wird das glühende Silber rein gegossen. Und so ist es ein »Guss in verlorener Form«, weil man davon keine Form hat.

EGC: Okay! Prima, jetzt hab ich das verstanden.

GD: (Lacht) ja!

EGC: Bei dem Rohguss, da musstest Du ja dann diese Gusskanäle auch abfeilen?

GD: Das wird dann wieder abgesägt.

EGC: Das wird abgesägt und dann mit Feilen bearbeitet?

GD: Das wird abgesägt und dann mit Feilenbearbeitet, mit einer groben zuerst, und dann kann man die Stellen bei den schwarzen Masken nachfärben mit »pariser oxyd«.

EGC: Ach so.

GD: Da unten bei der Gusshaut, wenn man die dann ja verletzt, hat man diese weißen Stellen, die Silberstellen und bei manchen störte es.

EGC: Mit was schwärzt man die dann nach?

GD: Mit »pariser oxyd«.

EGC: Ist das also in einer flüssigen Form?

GD: Genau, ist eine flüssige Form, das ist was Schwefeliges. Ich weiß die Zusammensetzung nicht genau.

EGC: Wurden die Oberflächen der Masken gegen das Oxidieren behandelt? Ist da irgendetwas gemacht worden?

GD: Nein, die sind so geblieben, und ich denke, wenn sie jetzt schwarz werden, dann werden sie einfach schwarz.

EGC: Und ist auch o.k. so?

GD: Ist auch o.k. so! Wir hatten da meinen Goldschmiede Professor, der Herrmann Jünger. Er war ein totaler Gegner, der hat sein Silber nie geputzt. Alles war angelaufen. Das ist auch so eine Ansichtssache. So lang das schön aussieht.

EGC: Und es ist auch im Sinne von Günther Förg, dass es so anläuft?

GD: Ja.

EGC: Als ich die gesehen habe, habe ich gedacht, das ist ein Nagel, den Ihr abgeformt habt. Aber das ist ein von Dir angefertigter Stab, ja?

GD: Genau, ja. Das ist auch ein Stab. Das war so ein Metallstab, von dem wurde dann wieder eine Form gemacht, eine Silikonform. Da ist dann praktisch ein Hohlraum drin und wird mit Wachs ausgespritzt, und dann hat man diesen Wachsstab, der wird in Silber gegossen. Damit es die gleiche Oberfläche hat.

EGC: Also, das Vorgehen ist dann, außer dieser Silikonform, das gleiche wie bei den Masken.

GD: Ja genau.

EGC: Zu den Teakholzsockeln. Habt Ihr die selber angefertigt, oder hat die ein Schreiner gemacht?

GD: Die hat ein Schreiner gemacht. Also ich hab dann eben von dem ersten Köpfchen, als das gegossen war, ein digitales Foto gemacht, hab es dem Günther geschickt, und dann haben wir besprochen, wie groß es sein müsste.

EGC: Also, der Günther hat die endgültige Größe bestimmt? Und auch das Material bestimmt?

GD: Die Größe und auch das Material, ja. Das sollte auch so ein bisschen an diese Skulpturen aus den 50er, 60er Jahren erinnern. Vom Teak, vom Material her. Ist ja auch eher ungewöhnlich. Auch dass das diese schöne Struktur hat, die Zeichnung.

EGC: Wurden die Sockel in der Oberfläche behandelt?

GD: Die wurden natürlich auch behandelt, wie der Goldschmied es gerne macht, wird das selbstverständlich alles erst mit gröberem Schleifpapier geschliffen, dann mit feinerem, danach mit Teaköleingelassen. Und da wurden natürlich auch Löcher gebohrt, und zwar wieder nicht zu groß, damit man auch da nichts kleben muss, sondern den Stab direkt rein...

EGC: ...schlagen konnte.

GD: Ja, reinschlagen konnte. Und dass der dann klemmt und dadurch hält. Also, da ist nichts geklebt, da ist nichts gelötet, da ist eigentlich fast gar nichts gemacht. Das ist einfach alles mehr so gesteckt.

EGC: Ja, okay, das wäre meine nächste Frage gewesen, ob da irgendwas eingeklebt ist.

GD: Nein, es ist nichts geklebt. Eben immer grade alles soweit gebohrt, dass man das rein klopfen konnte.

EGC:  Eine enge Passung.

GD: Ja, genau (lacht).

EGC: Waren die Modelle signiert und nummeriert, bevor sie gegossen wurden? Oder wurde das hinterher gemacht?

GD: Nein, die Sockel sind signiert. Die Köpfchen sind gar nicht signiert.

EGC: Ach, die Köpfe nicht?

GD: Nein.

EGC: Die Sockel sind signiert?

GD: Ja, die Sockel sind signiert. Da haben wir wohl gar nicht mehr dran gedacht, ans Signieren; weil das so viel Spaß gemacht hat, diese Köpfe zu machen. Ja, und ich hab denen allen ja auch Namen gegeben, ich hab die gewogen, ich weiß wieviel jeder wiegt. Einer oder zwei haben, glaub ich, ausgeschaut wie der Günther.

EGC: Also heißt das, die sind betitelt, oder haben die nur für Dich Namen?

GD: Nein, nur für mich.

EGC: Einen Arbeitstitel sozusagen.

GD: Ja.

EGC: Gabi, noch mal zu dem Guss der Stäbe.

GD: Das ist ein »Schleuderguss«, der unterscheidet sich von dem »Guss in verlorener Form«. Da werden praktisch diese Stäbe, die werden in Wachs ausgegossen, reingespritzt, in die Silikonform, und dann werden die auf einem, man nennt das Wachsbäumchen, aufgeschmolzen. Danach wird dieses ganze Wachsbäumchen …, also da hat man dann mehrerer Ringe, alles was im 925er Silber, in dieser Legierung gegossen wird. Man kann auch ein größeres Wachsbäumchen das wird dann auch mit Gips ausgefüllt. Aber im Unterschied zum Guss in verlorener Form kann man durch diese Silikonform tausend solcher Stäbe gießen. Und dieses Wachsköpfchen, wenn das einmal geschmolzen ist, dann ist das weg. Das sind eben Unikate.

EGC: Also, die Silikonform diente dazu, die Stäbe in Wachs zu gießen?

GD: Genau. Ja. Der Stab wurde gegossen, weil es nicht schön ausschaut, wenn man einfach einen Silberdraht abgezwickt hätte. Weißt Du, von der Optik her sind das zwei verschiedene Dinge. Also haben wir uns eben noch die Mühe gemacht, die zu gießen.

EGC: Für den Guss in verlorener Form dann nachher wieder?

GD: Genau, um da diese Gussköpfe drauf zu setzen, weil es eben nicht schön ausschaut, wenn man einfach einen Silberdraht abgezwickt hätte, weißt du, von der Optik her sind das zwei verschiedene Dinge. Also haben wir uns eben noch die Mühe gemacht, die zu gießen.

EGC: Gabi, meine nächste Frage wäre, wie lang Ihr daran gearbeitet habt.

GD: Ach so, wie lange wir da gearbeitet haben. Das haben wir praktisch in zwei Sitzungen gemacht, diese Köpfchen, das waren zwei Tage. Und insgesamt, mit Gießen und Sockelchen und Stäben, hat das sicher eineinhalb Monate gedauert.

EGC: Und wer ist der Gießer, der das gemacht hat?

GD: Der Herr Mackrodt.

EGC: Mackrodt?

GD: Christoph Mackrodt. Der ist in der Müllerstrasse und auch so ein eigenwilliger Mensch.

EGC: Ist das schon ein älterer Betrieb?

GD: Nein, ich würde sagen, den gibt’s vielleicht so seit 1990.

EGC: Das ist eine reine Schmuckgießerei?

GD: Nein, es gibt hier in München eine reine Schmuckgießerei, die Brüder Fuess von der Firma Fuess Erwin & Söhne OHG Goldschmiede. Das ist schon zu groß für die, als Schmuckguss. Da gehen vielleicht grad noch Gürtelschnallen, das machen die nicht so gerne, das ist nicht leicht, so einen großen Guss schön zu machen. Und der Mackrodt, der hat da so einen Ehrgeiz, das gut hin zu kriegen, mit dem konnte man das dann da recht emotional machen.

EGC: Hast Du schon öfter mit ihm zusammengearbeitet?

GD: Ja.

EGC: Vielen Dank für das Gespräch, Gabi!

GD: Gern geschehen.

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