Interview mit Grit Richter über die Verwendung von Tagesleuchtfarben in ihrem Werk

Projekt/Anlassartemak+X / Erhebung von Informationen zur Verwendung und zum Erhalt von Tagesleuchtfarben im Werk von Grit Richter
Interview mit          Grit Richter (GR)
Geführt von       Sarah Giering (SG)
OrtAtelier der Künstlerin, Hamburg
Datum21.06.2021, ca. 13:30 - 14:00 Uhr
TranskriptSarah Strahl (Transkription)
 Sarah Giering (Korrekturen, Überarbeitung)
 Lilian Megerlin (Korrektur)
Symbole(…)= Pause ab 3 Sek.
 (Text)= Beschreibung Mimik und Gestik
 [Text]= Ergänzung durch [Name]
 //= Überschneidung von Sprecher:innen
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Techniken

Airbrush Bleichen Grundierung Lasurtechnik Skulptur & Plastik

Materialien

Acrylfarbe Denim-Stoff Leinölfirnis Leinwand Neonröhre Ölfarbe Papier, unbestimmt Pigment, unbestimmt Tagesleuchtfarbe Tagesleuchtpigment

SG: Meine erste Frage bezieht sich auf deinen Ideenprozess, wie du von der Idee bis zur Umsetzung deines Werkes kommst.

GR: Wenn wir uns jetzt auf die Malerei fokussieren wollen – denn ich mache ja ganz unterschiedliche Sachen – da ist es so, dass es eine Idee gibt, die von mir schnell festgehalten wird. Entweder mit Bleistift in so einem kleinen Notizbuch. Ich bin keine Zeichnerin, überhaupt nicht, aber um diese Idee irgendwie festzuhalten. Oder seit Neustem habe ich wieder angefangen mit Kohle zu arbeiten. Da hängen hier auch so ein paar [Entwürfe]. Die Kohle hilft mir dabei, noch lockerer diese Idee festzuhalten und schneller. Ich kann dann auch schon ein bisschen Licht und Schatten setzen, das besser als mit Bleistift. Und das war es dann auch schon mit dem Analogen. Ausgearbeitet – und zwar sehr detailliert und genau – wird der Entwurf inzwischen dann komplett digital. Sprich, wenn ich anfange zu malen, dann weiß ich schon genau, was ich tun werde. Dann sind alle Entscheidungen schon getroffen, inklusive der Farbgebung. Das hat einfach was mit der Technik zu tun und den Farben. Die leuchten ja sehr bei mir, nach wie vor. Dafür nutze ich eben Pigmente in der Regel, auch reine Pigmente. Ich mische natürlich auch, aber das sind wirklich diese Pigmente, die diese Leuchtkraft erzeugen, wenn die auf weißem Grund stehen. Die sind meistens auch sehr lasierende Pigmente, die so leuchten und das erlaubt einfach keine Fehler. Da gibt es keine Korrekturen. Man kann das machen, aber es wird nicht besser. Und mit jeder Schicht mehr verlieren die dann auch an Leuchtkraft. Deswegen muss ich einfach sehr genau vorher wissen, was ich tue, bevor ich anfange zu malen. Das eigentliche Malen ist dann das, was ganz am Ende als letzter Schritt kommt. Und alles andere, die ganze Entwicklung des Motivs und der Idee und der mitunter lange Weg dahin, das passiert vorher am Rechner.

SG: Und mit welchem Programm arbeitest du da?

GR: Mit Photoshop. Ganz klassisch und das Zeichnen an sich mache ich am iPad, da gibt es eine Software, die den Bildschirm spiegelt und da kann ich sozusagen auf dem iPad malen.

SG: Und dann auch ohne fotografische Grundlage oder ähnliches? //

GR: // Nein, das gibt es nicht. Das ist alles. Ich sitze genau wie vor einer weißen Leinwand vor einem weißen leeren Dokument, wenn ich anfange. Inzwischen fotografiere ich schon die Skizzen, die ich so habe und nehme die als Grundlage. Das ist so das fotografische Element, was drin ist. Anhand dessen arbeite ich die Formen dann aus.

SG: Und dann geht es an die Leinwand.

GR: Genau.

SG: Könntest du da den Prozess für deine Malereien einmal beschreiben?

GR: Ich ziehe die Leinwände noch komplett selber auf, wobei ich das wirklich gerne langsam abgeben möchte. Ich mag das schon gerne, das ist sehr meditativ, aber es ist auch unglaublich zeitraubend und das wird so der nächste Schritt. Das ist aber auch nicht so einfach, von den Gegebenheiten hier. Ich habe ja nur diesen einen Raum und kann mir im Moment noch nicht vorstellen, dass hier jemand Leinwände grundiert und ich dasitze und arbeite. Also da weiß ich noch nicht, wie man das dann machen wird. Ich mache das ja schon lange. Auch das habe ich perfektioniert. Die sind sehr glatt. Das wird gespachtelt. Da wird nichts gestrichen. Die Grundierung wird in sechs bis sieben Schichten gespachtelt, damit die möglichst glatt ist. Sie ist nicht so glatt wie auf Holz. Das will ich auch nicht. Man soll schon noch die Struktur der Leinwand sehen. Aber an sich sollte es schon ziemlich glatt sein, denn jeden Fehler, jede Unebenheit siehst du dann am Bild. Und das möchte ich nach Möglichkeit vermeiden. Wenn die [Leinwand] dann fertig grundiert ist, wird das Motiv übertragen. Früher habe ich das noch mit Papierschablonen gemacht, inzwischen habe ich einen Beamer, der hilft mir dabei, die Outlines der Form einfach auf die Leinwand zu übertragen – hier sieht man es, bei dem ist es schon vorbereitet (zeigt auf eine Arbeit) – und dann wird das abgeklebt, weil ich vornehmlich mit Farbverläufen arbeite. Das ist so eine Technik, wo man ganz viel wischen muss mit den Pinseln und deswegen wird das abgeklebt, sodass die Formen trotzdem ihre Präzisionen behalten. Ich muss es auch an einem Stück dann durchziehen, das ist der Ölfarbe geschuldet. Da kann ich nicht jetzt anfangen und dann morgen weitermachen. Eine zusammenhängende Fläche, die muss ich an einem Stück malen. Und selbst das ist manchmal schon eine Herausforderung bei einer großen Leinwand, weil es dann schon ein bisschen anfängt zu trocknen und dann das Verwischen schwieriger wird. So langsam habe ich es raus. (lacht) Und dann muss es trocknen und dann wird die nächste Fläche abgeklebt und so weiter. Aber in der Regel sind es gar nicht so wahnsinnig viele Arbeitsschritte. Die eigentliche Arbeit ist wirklich der Entwurf. Das Malen natürlich auch, aber das dauert jetzt nicht Wochen. Das kann ich dann relativ zügig durchziehen. Je nachdem wie viele Flächen so abgeklebt werden müssen und dann die Trocknungszeiten.

SG: Und die Grundierungen sind immer weiß?

GR: Ja, wieder. Das war aber auch lange anders. Ich habe viele Jahre gar nicht auf einer weißen Leinwand gearbeitet, sondern da gab es immer irgendeine Lasur, die ich dann drunter hatte, die wiederum aber sehr dem Zufall unterlag. Ich gehe ja sehr planvoll vor. Und das ist auch natürlich schon immer wichtig, noch so ein Element des Zufalls da mit reinzunehmen, wo ich nur so bedingt Einfluss drauf habe. Das finde ich schon immer ganz spannend. Im Moment bin ich auch wieder bei weißen Leinwänden. Ich halte mir das auch komplett offen. Das geht mal in die eine, mal in die andere Richtung. Einige Jahre blieb die [Grundierung] dann auch viel stehen. Manchmal ist sie auch komplett wieder verschwunden unter dem Motiv. //

SG: // Gab es unter der Lasur noch eine weiße Grundierung? //

GR: // Ja, eine Grundierung gibt es immer, eine Weißung. Das geht mit Öl nicht anders. Das braucht eine Grundierung. Finde ich jedenfalls. Es gibt auch eine Bilderserie, die auf Textil, also auf gefärbten und geblichenen Stoffen, entstanden ist, die wiederum schon ganz fantastische Muster [mitbringt]. Landschaften, ich weiß nicht, wie ich es nennen soll. Da ist einfach schon so viel da. Und anhand dessen habe ich dann eigentlich erst das Motiv entschieden. Das hat sich jetzt auch verändert. Jetzt entscheide ich komplett autark das Motiv und eine Zeit lang fand ich es aber auch so sehr spannend. Auch immer noch. Das ist jetzt nicht so, dass ich sage „Das mache ich gar nicht mehr.“ Die Stoffe, die ich da benutze, die werden so einem Bleichprozess unterzogen und da passiert auch total viel. Da passieren Sachen, die kannst du gar nicht voraussehen. Du weißt nicht, was am Ende dabei rauskommen wird und das ist auch total spannend und gibt viel vor und hat oft auch eine große Tiefe. Und dann muss da vielleicht gar nicht mehr so viel drauf passieren, weil das schon so toll ist, wie es ist. Irgendwas passiert immer. Ich bin jetzt nicht so, dass ich sagen würde, das ist das Werk. Das ist trotzdem nur die Grundlage. Und dann gibt es auch noch Bilder, die ich auf einem tiefschwarzen Stoff gemalt habe. Da hatte ich Lust auf Schwarz. Ich habe mich dem Schwarz gewidmet und wollte so ein richtig tiefes, sattes Schwarz haben. Mit Öl ist es ein bisschen schwierig wegen dem Glanz. Ich wollte so ein mattes, richtig tiefes Schwarz und habe mit verschiedenen Pigmenten herumprobiert, auch mit so einem Pigment, was diesem Vantablack ziemlich nahekommen soll. Ich fand es alles so okay. Und dann bin ich zufällig im Stoffladen über diesen Stoff gestolpert. Das ist ein Jeansstoff, ein Denim-Stoff. Und die Schwärze hat mich sehr begeistert. Der bringt auch die Voraussetzungen mit, dass ich ihn als Malgrund nehmen kann. Er ist eben fest und stabil genug, sodass man auch große Formate damit aufziehen kann - so groß wie es die Breite hergibt. Oft ist auf diesem Schwarz dann ein Raster gesetzt. Damit arbeite ich ja auch oft, mit einem Rasterelement. Das Wiederrum ist nicht gemalt, sondern es wurde partiell mit Bleiche dem Stoff die Farbe entzogen. Die Bleiche, das ist so eine Flüssigkeit, die trage ich dann mit Airbrush auf, damit das dann so eine Unschärfe hat und die muss dann aktiviert werden. Das wird dann hell. Auch da entscheide ich natürlich schon vorher, wie das sein soll. Und teilweise habe ich dann auch geblichenen Stoff darauf geklebt und noch gemalt oder eben nur gemalt. Nur dort, wo ich malerisch eingreife, wird partiell abgeklebt und grundiert. Es gibt auch farblose, transparente Grundierungen, aber die sind natürlich nicht wirklich farblos, die sind nur fast farblos. Wenn man jetzt die ganze Fläche damit bearbeiten würde, dann wäre die Schwärze weg.

SG: Könntest du den Bleichprozess vielleicht nochmal beschreiben? Und mich würde noch sehr interessieren, wie du diese Textilien dann weiterverarbeitest. 

GR: Mich interessieren ja viele Sachen, unter anderem auch Textil in so ziemlich jeder Form. Da bin ich immer am Gucken, wie ich das in mein Sujet, in meine Arbeit integrieren kann. Da gibt es Skulpturen und dann diese Bilderserie, in der ich mit diesen Bildhintergründen gearbeitet habe, mit diesem Bleichen. Da hatte ich mal so ein privates Stipendium – 2016 war das – zum Leben und Arbeiten. Vier Monate auf dem Land in Mecklenburg. Und ich konnte mich da richtig reinknien. Also habe ich mir die Zeit dann auch dafür genommen. Ich habe da immer total Lust drauf, neue Techniken zu lernen und auszuprobieren. Das macht mir immer viel Spaß und das finde ich auch total wichtig. Ich für mich finde das wichtig, dass man auch immer guckt, was man noch lernen kann und machen kann. Und da habe ich eben mit verschiedenen Farben, die es so gibt, mit denen man färben kann, [gearbeitet]. Also jenseits diesen Simplicol-Farben, die es eben in jeder Drogerie gibt, die aber so ihre Nachteile mit sich bringen, indem sie eben nicht lichtecht sind. Es gibt schon welche, die sind jetzt auch nicht hundertprozentig lichtecht, aber sind wesentlich lichtechter als diese ganz billigen normalen Batikfarben. Das ist aber auch ein ziemlich aufwändiger Prozess. Gleichzeitig bin ich dann, auch durch Recherche, auf diese Bleiche gekommen. Beim Bleichen denkt man erstmal „Ja gut, nimmt man halt Chlor“, aber da kommt man nicht besonders weit mit, sag ich mal so. Was ich an dieser Chemikalie so interessant finde, ist: Das ist ein Pulver, das wird in Flüssigkeit aufgelöst und ich tränke die Stoffe dann damit komplett. Es sei denn es wird nur so partiell mit Airbrush aufgetragen, auch das gibt es – so habe ich angefangen. Ich habe die [Stoffe] selbst gefärbt und diese Stoffstücke werden getränkt mit dieser aufgelösten Chemikalie. Dann trocknet das, und dann muss man es aktivieren mit feuchter Hitze, mit Dampfbügeleisen. Und da kannst du Faltungen legen, du kannst irgendwie Untergründe abnehmen. Da kann man die verrücktesten Sachen machen. Man kann das ein bisschen lenken und trotzdem weiß man nie, was am Ende bei rauskommen und wie es aussehen wird und wie sich die Farbe mit der Bleiche verändert. Also es wird jetzt auch nicht so richtig weiß-weiß. Dann wird das ausgewaschen und auch dann verändert es sich. Es sind so viele Transformationen. Das finde ich total spannend daran.

SG: Nutzt du diese gefärbten und gebleichten Textilien dann auch als direkten Bildträger oder werden die dann eben auf der Leinwand aufgebracht? //

GR: // Sowohl als auch. Es gibt viele Arbeiten, da ist das der Bildträger. Und es gibt aber auch einige wo ich dann einzelne Elemente ausgeschnitten und aufgeklebt habe, also nicht auf so eine grundierte Leinwand, aber auf diese schwarzen. Ich glaube auf einer grundierten Leinwand würde das nicht halten.

SG: Dann würde ich jetzt gerne zu den Tagesleuchtfarben kommen, mit denen du auch gearbeitet hast. Wie bist du eigentlich zu den Farben gekommen?

GR: Zu den Tagesleuchtfarben?

SG: Ja.

GR: Ach, grundsätzlich eine Liebe zu Neonfarben. Die irgendwie auch nicht aufhören will und schon sehr lange besteht. Ich finde das einfach faszinierend. Diese Leuchtkraft, die die haben und (…) ja. Mehr gibt es da, glaube ich, gar nicht zu sagen, außer, dass ich sie sehr faszinierend finde. Und dann auch Lust hatte und auch gar nicht so viel darüber nachgedacht habe, als ich angefangen habe, damit zu arbeiten. Dann auch erst im Laufe der Zeit so realisiert habe, dass das eben konservatorische Probleme mit sich bringt, auch relativ schnell leider. Ich habe einfach, ohne das zu hinterfragen, damit angefangen zu arbeiten. Und es gibt keine Ölfarbe damit. Ich verstehe auch nicht so richtig, warum, weil es durchaus geht. Ich mache es ja selber. Ich nehme Pigmente und rühre mir mit Leinölfirnis selber meine Ölfarbe an. Ich habe sie aber auch nie – bis auf ein paar frühe Werke - besonders großflächig eingesetzt, weil ich das auch einfach zu viel finde. Ich finde sie so als Elemente gut und wichtig und ich mische sie auch viel. Es ist selten so, dass ich die ganz pur und rein eingesetzt habe, sondern immer so eine Mischung gemacht habe mit Weiß und noch anderen Pigmenten, mit anderen Farben. Aber auch das hat schon die Farbe unglaublich leuchten lassen. Ich rühre sie immer noch an. Wie gesagt, mitunter kommen sie noch zum Einsatz, aber wirklich sehr viel weniger und nur dann, wenn ich wirklich denke, so das muss jetzt sein. Weil die einfach heller leuchten, als alles andere. Dann kommen die nochmal zum Einsatz, in einer Linie oder sowas.

SG: Als eine Art Akzent sozusagen?

GR: Akzent, genau.

SG: Du meintest, du arbeitest heute noch mit denen. Seit wann arbeitest du mit den Farben?

GR: Mit den Tagesleuchtfarben? Puh, also fünfzehn Jahre oder so.

SG: Also schon eine Weile.

GR: Ja, während des Studiums habe ich noch damit angefangen.

SG: Verwendest du dann nur Ölfarben, die selbst angerührten Ölfarben, oder auch andere? Die gibt es ja nun in verschiedensten Bindemitteln auch trotzdem zu kaufen //

GR: // Ich mache keine Ölfarbe selber, außer diese, denn es gibt sie nicht. Wenn es das geben würde, würde ich es auch nicht selber machen. Aber ich habe bisher jedenfalls noch keine gefunden. Ist auch kein Problem, geht schnell. Ansonsten benutze ich fertige, gute Künstlerölfarbe.

SG: Und die Tagesleuchtpigmente, meinte ich, ob du sie auch in anderen Bindemitteln verwendest?

GR: Nein, da gibt es sehr gute Acrylfarben, die leuchtende Pigmente enthalten. Also das muss man nicht selber machen, meine ich.

SG: Aber du verwendest auch die Acrylfarben mit Tagesleuchtpigmenten?

GR: In der Regel nicht, nein. Sicherlich mal in irgendeiner kleinen Papierarbeit oder so, aber eigentlich male ich nur mit Öl. Es gibt manchmal so Untermalungen, bei einigen Bildern gibt es Acryluntermalungen, aber sehr selten. Also eigentlich nicht.

SG: Da würde ich jetzt noch einmal nachhaken, ob die Tagesleuchtfarben für dich auch trotzdem noch darüber hinaus, über ihre intensive Farbigkeit noch eine Bedeutung innehaben? Oder irgendwo eine Assoziation?

GR: Nein, also so arbeite ich sowieso nicht, dass ich irgendwie in Farbe irgendeine Bedeutung [hineinlege]. Ich meine, natürlich, es ist klar, wenn ich viel Rot verwende, dass das natürlich so eine Intimität und so eine Tiefe erzeugt. Das liegt ja den Farben inne, aber ich arbeite überhaupt nicht so synchronistisch, gar nicht. Es ist einfach Faszination für Farbe.

SG: Schön. (lacht) (…) Du arbeitest ja auch mit den Neonröhren. Gibt es da für dich auch noch eine Verbindung zwischen den Tagesleuchtfarben und den Neonröhren? Vielleicht zum Beispiel hinsichtlich der Optik. Oder sind das zwei völlig unterschiedliche Dinge?

GR: Nee, also ja (…) Das weiß ich nicht. Habe ich so nie drüber nachgedacht. An den Neonröhren, an den Neonarbeiten, Neonskulpturen, wie auch immer man es nennen mag, Objekte. Natürlich fasziniert mich auch hier die Leuchtkraft. Das ist auch etwas, was man zum Beispiel überhaupt nicht auf dem Foto einfangen kann. Es ist ganz schwer, die zu fotografieren und wirklich zu transportieren, wie sie wirken. Das finde ich auch ganz reizvoll eigentlich. Dass man es so erleben muss und dass man es kaum wiedergeben kann. Aber ich sehe da jetzt nicht so eine Verbindung zwischen Tagesleuchtfarben und Neon, nein. Heißt gleich und fasziniert mich gleichermaßen, aber ich glaube darüber hinaus, nein.

SG: Wie verwendest du die Tagesleuchtfarben? Du hast sicherlich erstmal den weißen Grund. Arbeitest du mit den Tagesleuchtfarben auch auf anderen Untergründen?

GR: Wie meinst du? Auf anderen Bildträgern oder auf anderen Flächen?

SG: Ja, also beides tatsächlich. Die Farbigkeit ist ja auch bedingt durch unterschiedliche Materialien [bzw. Untergründe, auf denen die Farbe aufgetragen wird]. 

GR: Es gab schon früher ein paar Skulpturen, die ich gemacht habe, wo da auch partiell mal generell Farbe und auch Tagesleuchtfarbe zum Einsatz kam, aber nicht mehr. Das sind auch schon ältere Arbeiten. Wobei, wer weiß, ich schließe gar nichts aus. Vielleicht kommt das ja irgendwann wieder. Aber an sich benutze ich es eigentlich wirklich auf dem Weißen. Deswegen ist das auch mit dem Abkleben wichtig, dass diese Flächen, wo dann die Farben so leuchten sollen, die muss weiß sein, sonst leuchtet sie einfach nicht so. (lacht) Das ist halt das Schöne daran. Oder das Faszinierende. So, dass eben dieser total weiße neutrale Grund maximale Leuchtkraft der Farben, egal welcher Pigmente, aber eben auch und insbesondere der Tagesleuchtfarben, so ermöglicht. Die sind ja auch sehr lasierend. 

SG: Und dann auch eher dünnschichtig? 

GR: Kommt drauf an. Nein, nicht unbedingt. Wie gesagt, so pur setze ich sie eher selten ein, meistens abgemischt mit Weiß und noch anderen [Farbtönen]. Da ist es jetzt nicht so wichtig. Da kann das auch ein bisschen dicker sein. 

SG: Gibt es noch einen besonderen Hersteller, den du für die Tagesleuchtfarben bevorzugst?

GR: Nein, ich kaufe die ganz billigen. (lacht) Ich weiß von Kremer [Kremer Pigmente GmbH & Co. KG] gibt es wahnsinnig teure Tagesleuchtpigmente. Wäre mal interessant. Vielleicht muss ich das mal machen, aber bisher gibt es diesen schönen, kleinen Kunsthandel Jerwitz [Gustav Jerwitz Künstlerbedarf] und der füllt die selber ab und da kostet eine Dose vier Euro, also ganz billig. Fand ich immer vollkommen ausreichend.

SG: Du hattest zumindest am Telefon kurz beschrieben, dass du tendenziell von den Farben wieder abgekommen bist. Und da wollte ich einmal nachhaken, wieso?

GR: Ja, eben aus den konservatorischen Gründen. Das ist so eine Sache. Grade in der zeitgenössischen Kunst wird da ja viel auch drauf geschissen, um es mal ganz deutlich zu sagen. Sollen sich doch die Restauratoren dann damit rumschlagen, (lacht) mit der Erhaltung der Werke. Kann ich schon nachvollziehen. Aber wenn ich jetzt die Wahl habe, ein Pigment zu nehmen, das möglichst lichtstark und lichtecht ist, auch über viele Jahre hinweg, oder einem, das eben nicht diese Beständigkeit hat, dann möchte ich doch lieber das benutzen, das lichtecht ist. Und das ist eigentlich der Grund. Dass ich will, dass die Bilder lange so leuchten, wie sie leuchten und nicht in zehn Jahren einfach total ihre Strahlkraft verloren haben. Zehn Jahre gehen doch echt schnell rum. 

SG: Und du ersetzt die Farben jetzt mit herkömmlichen Pigmenten, wenn man das jetzt mal so weitestgehend bezeichnen möchte.

GR: Genau. Hier liegen auch so Farbproben, die ich so nehme und bin da auch immer einfach begeistert, wie viel Leuchtkraft auch schon in ganz normalen Pigmenten inne liegt. Das hat auch eine Weile gedauert, bis ich das so verstanden habe. 

SG: Und das steuerst du dann auch wieder über die Auftragsweise, dass auch die [Farben] sehr intensiv und leuchtend wirken? //

GR: // Ja genau. Richtig.

SG: Unterscheidet sich denn da die Auftragsweise zu den Tagesleuchtpigmenten?

GR: Ja, an sich sind das ja, wie gesagt, eher so die Akzente, das sind eher so kleine Elemente, so eine Linie oder so eine Hand. Das sind nicht so die großen Farbflächen.

SG: Dann würde ich jetzt gerne zu dem Themenblock Präsentationen kommen und wie du deine Arbeiten ausstellst. Bevorzugst du generell für die malerischen Arbeiten eine bestimmte Ausleuchtung? 

GR: Nein, eigentlich nicht. Es kommt immer auf den Ausstellungsraum und den Kontext an. Da bin ich nicht so festgelegt. Ich habe viel mit reduzierter Beleuchtung gearbeitet, gerade in Ausstellungsräumen, dass es eher so eine Kabinettsituation war, vom Licht her. Das finde ich schon ganz schön. Aber es ist ein schmaler Grat. Ich sage mal so: Das volle Potential eines Bildes zu zeigen erfordert einfach auch eine gewisse Ausleuchtung. Aber da guckt man immer, wie so die Gegebenheiten sind.

SG: Und hast du den Eindruck, dass in bestimmten Ausleuchtungen die Intensität der Farben und insbesondere der Tagesleuchtfarben, besonders hervorgehoben wurde?

GR: Ja, das schon, klar. Das glaube ich schon, dass das so ist. Mit einer eher reduzierteren Beleuchtung auf jeden Fall. 

SG: Tatsächlich?

GR: Hm. Naja, also ich weiß auch nicht. Die leuchten ja auch in der Dämmerung am allermeisten. Zumindest kommt es mir so vor. Aber, wie gesagt, es sind ja wirklich kleine Stellen. Und dem da jetzt das Bild so zu unterwerfen, auch in der Ausleuchtung, das finde ich schwierig. Eigentlich müssen die sich dann eher unterordnen. 

SG: Wir hatten vorhin schon darüber gesprochen, dass die Farben eine gewisse Instabilität haben. Hast du das auch an deinen eigenen Arbeiten direkt beobachten können? 

GR: Ja, klar. (…) Ich meine, man sitzt ja nicht daneben. Man kann es ja auch nicht [fotografisch] festhalten, wie sie mal geleuchtet haben. Aber ich weiß es natürlich, wie sie mal geleuchtet haben. So viele alte Arbeiten habe ich ja nicht mehr hier, aber klar sehe ich das. Ich meine, die Bilder sind trotzdem noch gut und trotzdem haben die auch noch eine große Präsenz, aber natürlich ist diese Leuchtkraft nicht mehr in der Form da, wie sie mal da war. Aber das wusste ich ja auch, dass das passiert. Das habe ich dann eben auch in Kauf genommen. 

SG: Das wäre dann nämlich meine nächste Frage: Wie stehst du dazu, dass das passiert? // 

GR: // Inzwischen versuche ich es zu vermeiden, aus genannten Gründen. Einfach, weil ich gemerkt habe, dass ich das ganz gut ersetzen kann, mit Pigmenten, die lichtecht sind. Und trotzdem eine große Leuchtkraft haben. Ich finde es jetzt einfach nicht mehr so notwendig, sagen wir mal so. Und (…) gehe da vielleicht auch ein bisschen verantwortungsvoller heran als im Studium, wo ich mir da noch nicht so Gedanken darüber gemacht habe. Das ist eben einfach so.

SG: Aber hattest du es da schon gewusst im Studium? Das würde mich jetzt noch interessieren.

GR: Ja, ich denke schon. Also vielleicht nicht so in der Gänze. Also es hat mich jetzt nicht schockiert als ich es dann irgendwann [erfahren habe]. Ich glaube, dann wusste ich es schon. Ich weiß es ehrlich gesagt nicht mehr. Nein, kann ich nicht beantworten. (lachen) Aber wenn, dann habe ich es in Kauf genommen, sagen wir mal so, wenn ich es wusste. Weiß es aber nicht mehr.

SG: Gut. Ich wäre jetzt mit meinen Fragen am Ende. Möchtest du selbst noch was zu diesem Thema hinzufügen?

GR: Eigentlich nicht. 

SG: Gut. Dann: Dankeschön für das Gespräch.

GR: Sehr gerne.

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